Jena 27.2.1908a.
Lieber Freund!
Mit bestem Dank für Ihren lieben Gruß zum 74. Geburtstage verbinde ich den Ausdruck meiner Freude, daß es Ihnen Und Ihrerb lieben Familie wieder besser geht, und daß die schwere Sorge, die Ihnen der unglückliche Fall Ihres lieben Walter im letzten halben Jahr verursacht, gehoben ist. Die schöne Reise nach Spanien, die Sie mit Goebel im April (dem günstigsten Monat) unternehmen wollen, wird Sie gewiß ganz restauriren. Legen Sie das Hauptgewicht auf den Süden: Granada, Sevilla, Cordoba, – womöglich auch Algeciras und Gibraltar (nebst Ausflug nach dem nahen Tanger). ||
Mir und meiner Familie ist es diesen Winter ziemlich gut gegangen. Der Bau und die Einrichtung des Phyletischen Museums nimmt mir viel Zeit. Ich hoffe wenigstens die inneren Räume bis Juli fertig zu bringen, wo ich es der Universität übergeben werde; bei Gelegenheit des 350jährigen Jubilaeums. Ich freue mich sehr zu hören, daß dann auch Sie mit Ihrer lieben Frau herkommen wollen. Das Fest wird gewiß sehr schön u. interessant werden.
Ein großer Verlust für mich und das Phyletische Museum ist der Abgang von Leo Schultze, der dessen designirter Director war. || Auch daß sein seltenes Lehrtalent und seine vielfältigen gründlichen Kenntnisse der Zoologie verloren gehen, ist höchst bedauerlich. Ich bezweifle (– mit vielen Anderen! –), daß ihm die Geographie dafür hinreichenden Erfolg bieten wird. Einstweilen tritt hier an seine Stelle ein früherer Schüler Dr. Max Rauther, bisher Privatdocent in Giessen (diesen Winter in Neapel). Wegen der wichtigen und schwierigen Frage meines Nachfolgers (– die jedes Jahr dringender wird –) möchte ich mündlich mit Ihnen ausführlich sprechen.
Mit besten Grüßen von Haus zu Haus
Ihr treuer alter
Ernst Haeckel. ||
[gedrucktes Dankschreiben:]
Jena, 17. Februar 1908.
Zur Feier meines 74. Geburtstages sind mir am 16. Februar von nah und fern sehr zahlreiche Beweise freundlicher Gesinnung und Anerkennung zu Teil geworden: Briefe und Telegramme, Blumenspenden und wertvolle Geschenke. Ausser Stande, allen Gebern persönlich meinen herzlichen Dank auszusprechen, bitte ich ihn in diesen Zeilen entgegen zu nehmen.
Ganz besonderen Dank schulde ich jenen Freunden, welche in sinnreich ausgeführten Kunstwerken meine „Kunstformen der Natur“ geschmackvoll verwertet haben, nicht minder jenen Gönnern, welche wertvolle Beiträge für den Ausbau meines „Phyletischen Museum“ gestiftet haben. Diesen kann ich zugleich mitteilen, dass dessen Rohbau jetzt vollendet ist und das die innere Ausstattung demnächst beginnen soll.
Ernst Haeckel.
a irrtüml.: 1907; b eingef.: Ihrer