ZOOLOGISCHES INSTITUT
DER UNIVERSITÄT JENA.
Jena 4. Juni 1908.
Lieber Richard!
Herzlichen Dank für Ihre freundliche Einladung; ich freue mich sehr, Sie in 8 Tagen wieder zu sehen. Ich fahre morgen Abend nach München; Samstag (6.6.) Vormittag nach Marquartstein (bei Chiemsee), wo mein Sohn Walter mit seiner Familie auf 6 Wochen sitzt: Adresse: Xaver Reiter (Haus 28). Dort bleibe ich 5 Tage und kehre Freitag (12.6.) Vormittag nach München zurück. Bitte mir dorthin kurz zu melden, ob Ihnen mein Besuch am 12., 13. oder 14. lieber ist? – Montag 15. fahre ich nach Jena zurück. ||
Streng vertraulich!
Ihr fachkundiger Rat ist mir sehr wichtig! Ich werde nächste Ostern mein hiesiges Lehramt niederlegen, nachdem ich mein 75. Lebensjahr und mein 48. Dienstjahr zurückgelegt habe. Als Nachfolger scheint mir, soweit ich bis jetzt sehe, Prof. Ludwig Plate am meisten geeignet, würde auch wohl von der Philosophischen Facultät primo loco denominirt werden. Falls Sie ihn nächste Woche in Stuttgart treffen, können Sie ihn vorsichtig u. vertraulich sondiren, ob er eventuell mein Nachfolger werden möchte? || Welchen tüchtigen jüngeren Zoologen würden Sie sonst noch vorschlagen? Es handelt sich wesentlich darum, daß mein Nachfolger nicht nur meine volle Stellung im Zoologischen Institut, sondern auch die Direction und Neu-Einrichtung des Phyletischen Museum übernimmt die Ostern 1909 beginnen muß. Plate, der das schöne „Museum für Meereskunde“ in Berlin (– ganz nach meinem Geschmack –) geordnet hat, würde sich dafür besonders eignen. Heinrich Ernst Ziegler kann dies nicht; er würde Ordentlicher Honorar-Professor werden, ähnlich wie Detmer und Bardeleben. Vielleicht wird er demnächst wegberufen (was das Beste wäre!). ||
Ihr Besuch des Zoologen-Congresses in Stuttgart, nächste Woche, bietet die beste Gelegenheit, Erkundigungen in dieser, für mich sehr wichtigen Frage einzuziehen!
Alles Weitere bald mündlich! Mit besten Grüßen an Sie u. Ihre liebe Frau Ihr alter
Ernst Haeckel.
P. S. Bitte in Stuttgart Prof. Valentin Haecker besonders zu grüßen und für sein schönes Radiolarien Werk zu danken!