Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul von Rottenburg, Jena, 25. Januar 1900

ZOOLOGISCHES INSTITUT

DER UNIVERSITÄT JENA.

JENA, DEN 25.1.1900.

Liebster Freund!

Endlich ist der „Simplicissimus“ (III. Jahrgang) eingetroffen, und ich beeile mich, ihn Dir als verspätetes Weihnachts-Geschenk zu übersenden. Das versprochene Buch von F. Preller „Italiänische Landschaften“ ist leider vergriffen. Dafür sende ich Dir unser liebes „Thüringen in 20 Bildern“. Die Erinnerung daran wird ja auch Deiner lieben Frau und Euren Kindern angenehme Stunden aus unsrer grünen Sommerfrische zurück rufen. ||

Vor Kurzem ist auch die Kiste mit 24 Marmelade-Büchsen eingetroffen, die Du uns in New York zu bestellen die Güte hattest. Herzlichen Dank für dieses liebenswürdige Geschenk!

Da Du ein ehrliches Urtheil darüber wünschest, will ich Dir nicht verschweigen, daß ich Eure Scotch Marmelade (– von der ich noch Vorrath besitze! –) bedeutend vorziehe. Die Species americana ist bitter u. klumpig.

– Der Caviar, den Du uns zu Weihnachten zu senden so freundlich warst, hat uns vorzüglich geschmeckt! Auch dafür nochmals besten Dank! ||

Die erste Woche des neuen Jahres hat für mich mit einigen sehr angenehmen Überraschungen begonnen. Am 4. Januar erhielt ich von Lenbach als Geschenk das Portrait, dessen Ontogenese Du beobachten konntest – sehr gelungen, sprechend lebendig (– in Rembrandt-Styl, dunkel).

– Am 7. Januar überraschten mich 2 Telegramme aus Turin, daß die dortige Akademie der Wissenschaften mir den großen Bressa-Preis (10.000 Lire) verliehen hat, für die „Systematische Phylogenie“, als das bedeutendste Werk, das im Gesammt-Gebiet der Wissenschaften in den Jahren 1895-98 veröffentlicht worden ist. ||#

Leider sieht es bei uns zu Hause nicht erfreulich aus. Mein armes „Röschen“ leidet wieder unter den Folgen der Influenza, die sie (seit 1895) nicht los werden kann: Catarrh, Herz, Nervenschwäche etc.); sie liegt wieder seit 3 Wochen zu Bett.

– Beifolgende Dankes-Karte von ihr, die sie Dir schon am 6.11.99 geschrieben, fand ich kürzlich versteckt zwischen Briefen die ich ordnete.

Hoffentlich ist bei Euch Alles wohl!

Mit herzlichen Grüßen

von Haus zu Haus

Dein alter

Ernst Haeckel

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
25.01.1900
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 32812
ID
32812