Jena 26. Decb 91.
Lieber Freund!
Herzlichste Glückwünsche zum Studium der Ceratodus-Eier, dieses Jahr gewiß das schönste Weihnachts-Geschenk. Meine beiden Briefe vom Novb. und Decb. werden Sie inzwischen erhalten haben. Brauchen Sie noch mehr Geld aus der Ritter-Stiftung, so schreiben Sie! Sparen Sie Nichts bei dieser seltenen Gelegenheit! ||
– Aus beifolgender Karte ersehen Sie, daß die Hochzeit unserer Tochter Lisbeth am 21. Decb stattgefunden hat. Alles ist sehr heiter u. glücklich verlaufen. Am Polterabend a fanden viele dramatische Scherze statt. Die feinste und gelungenste Dichtung hatte mein Neffe verfaßt; er stellte selbst den Amor dar, welcher Lisbeth Hans zuführt, obwohl 2 Saal-Nixen (Frl. Krieger und Frl. Pasquali) dies zu verhindern suchen. ||
– Das junge Ehepaar weilt in Italien. In Villa Medusa herrscht nach dem Abzug unsers wunderbaren Hausgeistes große Stille!
– Wie oft und freundlich wir Ihrer gedenken, und wie wir Ihren Arbeiten den besten Erfolg wünschen – vor allem ich selbst! – brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Die Souper-Karte die wir aus dem glänzenden „Biedermanne-Feste“ an Sie abschickten, wird Sie davon überzeugt haben. ||
– Nutzen Sie nur Australien recht aus und sammeln Sie möglichst viel von den seltenen Schätzen dieses mesozoischen Erdtheils. Nach Indien können Sie ja immer später noch einmal reisen. –
Haben Sie meine Anthropogenie (die ich Anfang November an Sie abschickte) erhalten?
Mit herzlichsten Grüßen und besten Wünschen für 1892
Ihr treuer
Ernst Haeckel ||
P.S. Auf der Rückreise können Sie auf dem Dampfer in sehr einfacher Weise Plankton sammeln, indem Sie an eine gewöhnliche Pumpe ein Müller-Netz anbinden und von einem bedürftigen Passagier stundenlang Meerwasser durchpumpen lassen; alle ¼ Stunde das Netz abspülen und den Satz des Filters in Alkohol sammeln (50 Pfge die Stunde pumpen!) Neue Methode von Murray, in diesem Frühjahr auf einer Reise nach America mit bestem Erfolge geübt!
a gestr.: hat