Helene von Waldthausen an Ernst Haeckel, Jena, 3. März 1918

Jena 3. März 1918.

(Am Tage des Friedenschlusses zwischen Deutschland und Rußland: „Brest-Litowsk“).

Phyletisches Archiv in Jena („Haeckel-Archiv“).

Liebe Frau Waldthausen!

Meinen Dankbrief vom 28.2. habe ich einige Tage liegen lassen, um Ihnen doch zugleich noch einige Mitteilungen über mein „Phyletisches Archiv“ anzufügen, und über die ihm zu Grunde liegende akademische „Ernst-Haeckel-Stiftung für Entwickelungslehre“. Wie Sie bereits wissen, habe ich diese Stiftung vor 24 Jahren (1894) bei Gelegenheit meines 60. Geburtstages gemacht, in der Absicht, damit ein fruchtbares Zentral-Organ für die „Allgemeine Entwicklungslehre“ und zugleich die damit verknüpfte „Monistische Philosophie zu schaffena, die ich seit 1866, auf Grund meiner „Generellen Morphologie“, beständig vertreten. Ich habe dieser neuen Stiftung, da ich sie für sehr wichtig halte, die größten persönlichen Opfer gebracht, sowohl in materieller als individueller Beziehung. ||

Durch die freundlichen Gaben alter Schüler und neuer Freunde ist es mir gelungen, das Grund-Kapital (das 1894 mit 10.000 Mk begann: Überschuß der Sammlung, welche meine Schüler für meine Marmor-Büste veranstaltet hatten – ) allmählig auf die jetzige Höhe von hundert tausend Mk zu bringen.

Sie selbst, Gnädige Frau, sind dabei hervorragend beteiligt, da Sie im vorigen Jahre 10.000 Mark dafür an das hiesige akademische Rentamt (in 2 Raten à 5000) einsandten. Die weiteren 24.000 Mk, die Sie in diesem Jahre noch zahlen wollten, würde ich bitten, nicht an mich persönlich zu schicken, sondern ebenfalls in 3 Raten à 5000 Mk (um die „Schenkungs-Steuer“ zu vermeiden), an das „Universitäts-Rentamt in Jena (Uni Rentamtmann: Nietzsche). ||

Die Zinsen dieses Grund-Kapitals ( – das nicht angegriffen werden darf – ) belaufen sich jährlich auf 3500-4500 Mk davon sind 3000 festgelegt für die Besoldung des Archivars, Dr. Heinrich Schmidt (quartaliter 750 Mk); der übrige Rest für die Ausstattung der Bibliothek und Mobiliar derb 2 Räume, welche die Staatsregierung mir vor 2 Jahren in der neuen (erweiterten) Universitäts Bibliothek bewilligt hat – auch offizielle im Jahreskatalog verzeichnet.

Mein lebhafter Wunsch ist nun, diese ständige Archivar-Stelle mit einer neuen „Außerordentlichen Professur für Allgemeinen Entwicklungslehre zu verbinden, demc ersten Lehramted in diesem wichtigen, von mir selbst in 50jähriger Arbeit mühsam geschaffenen und höchst fruchtbaren Wissenschafts-Gebietee ( – das Jahresgehalt der besoldeten Extraordinarien – mit besonderm Lehrauftrag – ist hier jetzt auf 3000 Mk festgestellt. ||

Dr. Heinrich Schmidt, mein fleißiger und sehr begabter Assistent seit 12 Jahren (jetzt 43 Jahre alt) hat sein umfassendes Buch über „Geschichte der Entwicklungslehre“ (circa 500 Druckseiten) nahezu im Drucke fertig; es soll im April erscheinen. Ich werde dann im Mai dieses Jahres im Senate den Antrag stellen:

– I. Eine neue „Professur für Allgemeine Entwickelungslehre als Extraordinariat in der Philosophischen Facultät zu begründen, und

– II. als ersten Vertreter derselben Dr. Heinrich Schmidt zu berufen und sie mit seiner Archivar-Stellung vom „Haeckel-Archiv“ zu verknüpfen. f (Auf Grund seiner früheren philosophischen Schriften, und ganz speziell seines wertvollen neuen Buches, dessen Druck ich selbst genau kontrolliere.) – Eine Besoldung des neuen Extraordinariats ist von Seiten der Universität leider nicht zu erwarten. Ich muß hoffen, daß weiteres Wachstum der Ernst Haeckel Stiftung allmählig die Mittel dazu liefern wird! – Mit besonderem Danke für Ihre hochherzige Förderung dieser Sache

treulichst

Ihr Ernst Haeckel.

a eingef.: zu schaffen; b eingef.: Bibliothek und Mobiliar der; c korr. aus: des; d korr. aus: Lehramtes; e korr. aus: Wissenschafts-Gebietes; f gestr.: Xxx

Brief Metadaten

ID
32558
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
03.03.1918
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,3 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32558
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Waldthausen, Helene (Ellen) von; Jena; 03.03.1918; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_32558