Jena 12 Dec 73
Lieber Freund und College!
Für Ihren freundlichen Brief und die Übersendung der Freiburger Zeitung mit dem Auszug Ihres populären Vortrags meinen besten Dank. Es freut mich sehr, daß wir in diesen, wie in vielen anderen Fragen, vollkommen übereinstimmen. Die Van Beneden’sche Gregarinen Arbeit habe ich leider übersehen; ich habe mich nachträglich überzeugt, daß sie mir sehr gut gepaßt haben würde.
Des Dr. von Hansen erinnere ich mich sehr gut. Er hat hier einen durchaus guten und zuverlässigen Ruf hinterlassen. || Er hatte sich als Student schon früher hier aufgehalten und wurde mir warm empfohlen, als er vor 2 Jahren hierher kam, um Zoologie zu treiben. Bei mir war er sehr fleißig und eifrig.
Meine Keimblätter-Studien sind jetzt vorläufig zum Abschluß gelangt und ich werde Ihnen die Resultate nächstens zusenden. Ich glaube, es wäre eine sehr dankbare Aufgabe gerade für Sie, – der Sie die Ontogenie der Insecten am genauesten kennen – mit Rücksicht auf die Homologie der Keimblätter (die ich für fest begründet halte) die mancherlei auffallenden und scheinbar ganz || eigenthümlichen Abweichungen, die sich in der Ontogenie vieler Insecten (vor Allen Ihrer Musciden) finden, durch Nachweis der verursachenden Anpassungs-Bedingungen aufzuklären. Denn nur um solche kann es sich hier handeln. Da Kowalewski den Versuch dieser Lösung (die Kleinenberg schon andeutete) unterlassen hat, sollten Sie sich diese interessante Aufgabe nicht entgehen lassen!
Kritik-Material für unsere Literatur-Zeitschrift sollen Sie nächstens erhalten. Wenn Sie Etwas besonderes zu besprechen wünschen, lassen Sie sich nur das Buch von Klette schicken.
Mit freundlichstem Gruß
Ihr Haeckel