Ernst Haeckel an Heinrich Dorn, Jena, 30. Dezember 1863

Jena 30.12.63.

Lieber Heinrich!

Da Du vermuthlich in dem Redactionsbureau der Naturforscherversammlungsverhandlungen eine hervorragende Rolle spielst, so sende ich an Dich den Aufsatz, der nun endlich gedruckt werden kann. Die zweitea Correctur bekam ich wohl zugeschickt. Da ich vielfach gebeten worden bin, den Aufsatz auch b separat als Broschüre erscheinen zu lassen, so spricht Du vielleicht mit dem Verleger der Verhandlungen, ob dieser zu einer solchen besonderen Publication geneigt ist. Ich habe eigentlich keine große Lust dazu, da ich den Aufsatz keineswegs für so vortrefflich halte. Allein ich glaube, daß nicht genug populäre Behandlungen dieses Gegenstands veröffentlicht werden können, zumal verhältnißmäßig noch sehr wenig bei uns in Deutschland für Darwin in dieser Richtung geschehen ist. ||

Falls auch die Veröffentlichung als Broschüre passend erscheint, so würde ich Dich bitten, mir über die Modalitäten der Ausführung zu berichten. Ich wollte eigentlich noch Verschiedenes in dem Aufsatz verbessern, habe es aber jetzt doch für passender gehalten, ihn genau so zu drucken, wie ich ihn gehalten habe.

Zum neuen Jahre wünsche ich euch Allen das wenige Gute, dessen ihr noch etwa bedürfen solltet. Deine verehrten Herren Eltern grüße herzlichst und sage Ihnen den tiefgefühltesten Dank für die reiche Fressalien-Weihnachtskiste, an der sich zu Dreien verschiedener Malen aufs Innigste erbaut haben: Naumann, Gerhardt, die beiden Gebrüder Engelmann, Bieber, meine Frau und meine Wenigkeit. Auch Gegenbaurs haben daran genascht. ||

Das Nähere enthält der einliegende Brief an Anton, der hoffentlich noch bei euch ist. Dir werde ich nächstens eine Crustaceen-Arbeit schicken. Im Allgemeinen ist bei uns hier die Arbeitslust jetzt gering, da Schleswig Holstein alle Gemüther mit einer Energie und Hitze ergriffen hat, von der Eure kalten ichthyoiden Pommerschen Herzen keine Idee haben. Bismark scheint Euch wirklich schon die halbe Seele c aus dem Leibe gedrückt zu haben. sonst wäre er längst nicht mehr Premier (Schuft).

Bitte grüße Deine Eltern herzlichst und sage namentlich noch Deiner lieben Mutter für Ihre freundliches Besorgung des Thees und Fürsorge für unsere Mägen den herzlichsten Dank. Du selbst aber laß doch mal ordentlich von Dir hören.

Auch 1864 unverändert

Dein Haeckel.

Verte ||

P. C.

Gerhard und ich lassen bitten, uns womöglich noch 1 – 2 Nummern von dem letzten Tageblatt der Naturforscher Versammlung (№ 6, Freitag) zukommen zu lassen, die wir nicht mehr am Tage der Abreise erhalten haben. Bitte, schick sie uns unter Kreuzband

a eingef.: zweite; b gestr.: als; c gestr.: auch

Brief Metadaten

ID
32399
Gattung
Brief ohne Umschlag
Empfänger
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
Datierung
30.12.1863
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
unbekannt
Besitzende Institution
Staatsbibliothek Berlin PK
Signatur
Slg. Darmstaedter, Lc 1875: Haeckel, Ernst
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Dohrn, Heinrich; Jena; 30.12.1863; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_32399