Ernst Haeckel an Käthe Besser, Jena, 14. September 1898

ZOOLOGISCHES INSTITUT

Jena

14.9.1898.

Hochverehrte Frau Geheimräthin!

Da Sie mich zum „Hofrath“ ernennen (– welches Ziel meines Ehrgeizes ich nie erreichen konnte!! –) muß ich Sie wohl zur („Wirklichen“) Geheimräthin promoviren, um so mehr als Sie jetzt durch das eifrige Studium von Jehovas’ Gesammelten Werken sicher die höchste Stufe frommer „Seelen“-Schwingung erklommen haben werden.

Denn Sie haben gewiß eine Seele (– und Was für Eine!!! –), wenn auch Ihr gottloser theurer Gatte Ihnen ein so unentbehrliches Moebel hartnäckig ableugnen will! ||

Beifolgend sende ich Ihnen nun die versprochenen „Indischen Reisebriefe“ und hoffe, daß dieselben Ihnen eine schwache Vorstellung von den zauberhaften Naturgenüssen geben werden, mit denen diese inhaltreichste Reise meines Lebens mich beschenkt hat. Wenn Sie uns einmal hier im Musendorf Jena besuchen, kann ich Ihnen über 200 in Ceylon gemalte Aquarell-Skizzen vorführen. Freilich heißt es bei meiner Amateur-Kunst: „Die Menge muß es bringen“! (– Aber fragt mich nur nicht: Wie?). ||

Wie gern ich als Ihr „gehorsamster Diener“ Ihre Befehle erfülle, können Sie daraus sehen, daß ich statt der gewünschten Photographie gleich zwei beilege: eine mit dem berühmten „Schöpfungshut“ (– den der geistreiche Londoner Straßen-Pöpel auch diesmal wieder belachte! –), die andere aus München, auf welcher der monistische Ruinen-Greiss ein katholisches Gebetbuch in der Hand hält (– das einzige Buch, was der fromme Photograph besaß!! –). Als Gegengabe gegen diese zwei zweifelhaften Kunstwerke möchte ich freilich einige schönere und werthvollere haben, nämlich von Ihnen und von Ihren reizenden Töchtern (wenn diese || Bitte nicht zu unbescheiden ist! –) Ihr lieber Mann sitzt bereits Photo in meinem Album! – Das beigelegte (Anno I. unserer christlichen Zeitrechnung angefertigte Photogramm (oder besser Heliogramm)) der „heiligen Familie“ in Aegypten verehrte mir Gabriel Max zu meinem 60. Geburtstage, dessen „Festschrift“ Sie ja bereits besitzen. Zur Ergänzung derselben lege ich die damals verzehrte „Speisen-Folge“ bei.

– Hoffentlich sehen wir uns im nächsten Sommer in den Alpen (– oder im Frühjahr an der Riviera?) wieder; das wäre herrlich! Aber nach Jena müssen Sie auch „bald“ kommen!! In dieser Hoffnung bleibe ich mit herzlichsten Grüßen Ihr treu ergebener

Ernst Haeckel.

Brief Metadaten

ID
31847
Gattung
Brief ohne Umschlag
Empfänger
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
14.09.1898
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,5 x 22,3 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 31847
Abbildungen
Zoologisches Institut Jena
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Besser, Käthe; Jena; 14.09.1898; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_31847