Jena 18. 10. 98.
Verehrteste Freundin!
Halten Sie mich nicht für undankbar, daß ich Ihnen erst heute meinen herzlichen Dank für Ihren freundlichen Brief sage, und für das reizende Bild Ihrer sonnigen Tochter Lotte, durch welches nunmehr das Trio der Victoria-Grazien vollständig ist. Ich bin aber seit meiner Rückkehr von Baden in einer so wenig erfreulichen Stimmung, daß ich Sie nicht mit einem Klagebrief belästigen will, und mich heute auf diesen halben beschränke! Ihr schönes Doppel-Franco-Couvert geht nächstens mit einigen Photogrammen zurück! ||
Hier fand ich bei der Rückkehr leider Frau und Tochter recht leidend vor, in sehr trauriger Stimmung. Außerdem ist mein einziger Famulus, ein altes unentbehrliches Factotum, erkrankt und für längere Zeit dienstunfähig. Dazu kommt nun der Amtsantritt meines neuen „Ritter-Professors“, Ziegler aus Freiburg, der noch nie in Jena war. Endlich pflegen bei so unerfreulichen Constellationen auch noch verschiedene „kleine Leiden“ der Lebens-Prosa sich einzufinden, mit deren Aufzählung ich Ihre poetische „Seele“ verschonen will! Und dabei sollen in 8–10 Tagen die Vorlesungen anfangen!
– Hoffentlich kann ich Ihnen das nächste Mal Besseres schreiben.
Mit wiederholtem Dank und bestem Gruß
Ihr treu ergebener E. Haeckel.
Donna | Catarina. | T. S.a
a Text in rechter oberer Ecke auf S. 1: Donna | Catarina. | T. S.