Ernst Haeckel an Käthe Besser, Wildungen, 27. August 1906
Wildungen (Villa Victoria)
27.8.06.
Hochverehrte Freundin!
Aus Ihrem letzten Brief ersah ich mit Freude, daß es Ihnen besser geht und Sie wieder Lebensmut gefaßt haben. Ich wünsche von Herzen, daß es so weiter aufwärts geht und daß Sie eine angenehme und Sie voll befriedigende Stellung finden.
Mit geht es jetzt auch leidlicher. Ich hatte einen sorgenvollen Sommer da meine arme Frau wieder sehr krank war und über 3 Monate mit den Folgen einer schweren Influenza zu kämpfen hatte. ||
Jetzt sind wir zu einer 4 wöchentl. Kur nach Wildungen geschickt. Der hiesige ausgezeichnete Specialist Dr. Marc hat herausgefunden, daß mein chronisches Nierenleiden wahrscheinlich schon älter und eine hartnäckige Pyelitis (Nierenbecken-Entzündung) ist; keine sehr erfreulichen Aussichten! Sie kennen ja diese liebenswürdigen Nieren-Organe! Zunächst hat die hiesige Trink- und Bade-Kur einige Besserung gebracht; ich bezweifle aber, ob dauernd. Mitte September muß ich wieder in Jena sein. Im Ganzen ist der sogenannte „heitere Lebensabend“ recht trübselig und unerfreulich!
Mit herzlichen Grüßen und besten Wünschen
Ihr alter
E. Haeckel.