Jena, 27. Mai 1918 (Montag Abend)
Herrn Carl Riess (Hamburg)
dem verdienstvollen Vorstande der Ortsgruppe Hamburg des D. M. B. und dem Schriftleiter der vortrefflichen von ihm herausgegebenen monistischen „Monatsblätter“ sowie den liebenswürdigen, ihr nahestehenden Hamburger Freunden der Schriftleitung, welche durch gütige Sendung von wertvollen Spirituosen und kostbarem Weltkriegs-Proviant in diesen schweren Tagen sich bemüht haben, mein schwach flackerndes Lebensflämmchen zu stärken und neu zu beleben, sage ich in der Eile heute nur mit wenigen Worten meinen
herzlichsten und tiefgefühlten Dank!
gez. Ernst Haeckel
Professor emeritur [!] invalider (84 annorum) und Ehrenpräsident des D. Monistenbundes.
P.S. Montag Abend, 27. Mai 1918.
Soeben überbringt mir Freund Otto Knopf, unser hiesiger Astronom und Vorstand der Ortsgruppe Jena, die wertvollen und sehr willkommenen Delikatessen, welche er (nebst einer Flasche edler Rebenblätter) in Ihrem Auftrage hier für mich erworben hat. Vorgestern sind auch die beiden Flaschen auserlesenen Französischen Cognac (Hennessy), die Sie von Hamburg direkt an mich gesandt hatten, wohlbehalten hier angelangt – besonders wichtig für mein schwaches, morsches Herz, dessen Puls von dem normalen Stande (60-70) auf die Hälfte gesunken ist. Wenn ich durch Sendung einigera meiner Bücher und Bilder meinen schuldigen Dank bestätigen könnte, würde mir dies besonders lieb sein. Näheres – auch über meine zunehmende senile Degeneration, die leider jede Arbeit unmöglich macht, soll ein späterer Brief mitteilen.
Mit herzlichsten Grüssen treulichst
Ihr gez. Ernst Haeckel
a korr. aus: eineger