Jena 24.2.1910.
Liebe und hochverehrte Freundin!
Das schöne Geschenk, durch das Sie mich zu meinem 76. Geburtstage erfreut haben, hat mich tief gerührt – besonders wenn ich an die viele Mühe und Liebe denke, mit der Sie die herrliche warme Wolldecke für mich gehäkelt haben. Da ich viel an kalten Füßen leide und im Winter stets eine Wärmflasche in mein Bett stecke, wird mir diese neue, von Ihnen dedizirte, höchst zweckmäßige Wärmflasche von ganz besonderem Werte sein! Nehmen Sie meinen herzlichsten Dank dafür entgegen. ||
Ich habe in dieser letzten, für Sie so schweren Woche Ihrer täglich gedacht, und kann nun hoffen, daß Sie die vielen traurigen Stunden und schweren Sorgen, die mit dem Tode und dem Begräbnis Ihres lieben Mannes verknüpft waren, tapfer überstanden haben.
Als kenntnißreiche Naturforscherin und monistische Philosophin werden Sie ja diesen schweren Trauerfall mit mehr Resignation und Ergebung in das Unvermeidliche ertragen, als es den frommen Kirchengläubigen möglich ist. ||
Ich habe in den letzten Monaten tüchtig gearbeitet und werde in einigen Wochen mit dem Drucke der neuen (6.) Auflage der Anthropogenie fertig sein. Dann gedenke ich (Mitte März) auf 5 Wochen an die Riviera zu reisen. Ich habe eine Einladung des Fürsten von Monaco zur Einweihung seines großartigen Ozeanographischen Museums (29.3. bis 1.4.) angenommen, die gewiß sehr interessant sein wird. Anfang Mai denke ich in Jena zurück zu sein. Im Sommer hoffe ich sicher Sie hier zu sehen. Mit herzlichen Grüßen und besten Wünschen
Ihr treuer alter
Ernst Haeckel.
[beigelegt: zwei Drucksachen]
Drucksache
Frau Wilhelmine Hintze
in Hamburg ||
An meinen Geburtstage bin ich durch zahlreiche Glückwünsche und freundliche Gaben hocherfreut worden. Da ich zu meinem Bedauern außer Stande bin, allen Freunden und Gesinnungsgenossen einzeln meinen herzlichen Dank auszusprechen, bitte ich Sie, ihn in diesen Zeilen entgegen nehmen zu wollen.
Jena, 16. Februar 1910.
Ernst Haeckel. ||
Drucksache
Frau Wilhelmine Hintze
der feinsinnigen Naturfreundin und monistischen Naturphilosophin
in Wellingsbüttel bei Hamburg
Wohnung Alsterburg
Mit herzlichen Grüssen Ernst Haeckel. ||
An meinen Geburtstage bin ich durch zahlreiche Glückwünsche und freundliche Gaben hocherfreut worden. Da ich zu meinem Bedauern außer Stande bin, allen Freunden und Gesinnungsgenossen einzeln meinen herzlichen Dank auszusprechen, bitte ich Sie, ihn in diesen Zeilen entgegen nehmen zu wollen.
Jena, 16. Februar 1912.a
Ernst Haeckel. ||
a handschriftl. korr. aus: 1910.