Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Glasgow, 6. Februar 1887
21 St. Vincent Place
Glasgow
6 Feb. 87.
Liebster Freund!
Für zwei liebe Briefe vom December und einen vom 31sten Januar vielen vielen Dank! Du hast mich damit sehr erfreut. Vor allem aber will ich Dir noch „Glückliche Reise“ zurufen und Dir viel Genuß und Erfolg am Mittelmeer wünschen. Ach! Wenn ich mit Dir ziehen könnte als hier im kalten Norden setzen auf jeden Kriegslärm ängstlich horchen, sich im Geschäft abarbeiten und ärgern. Und bei all der Arbeit kommt kein Radiolarien Werk heraus, welches Anspruch hat auf Unvergänglichkeit. Zu der Fertigstellung meinen || aufrichtigsten Glückwunsch. Du besitzt eine beneidenswerte Arbeitskraft, die Dir zum Frommen der Menschheit hoffentlich noch lange erhalten bleibt. – Auch zu Deinem Wiegenfeste alles Gute. Nun thue mir einen Gefallen und sage mir ob ich Dir irgend etwas irgend wohin senden kann wie z. B. Flanellhemden und Hosen „Pyamahs“ genannt. Bitte! Bitte!
Uns ist es soweit gut gegangen, nur hatte unsere kleine Therese einen Abscess am Ohre, der geschnitten hat werden müssen und jetzt will es nicht heilen. Meine gute Frau nimmt sich der gleichen immer zu sehr zu Herzen und ist übermäßig besorgt. – ||
Sehr freute es mich zu hören daß Du meinen Bruder kennen gelernt hast und er Dir hat behülflich sein koennen. –
Spritze in Constantinopel nur und suche Sir Wm. White auf; er ist ein alter Freund unserer Familie, der Dich mit offnen Armen empfangen würde und ein so großes Thier, daß eine derartige Bekanntschaft Einem nützen koennte. –
Unsere Sommerwünsche gehen nach Tyrol oder Schweiz. Wie wäre es mit einem Rendezvous. – An Krieg kann ich nicht glauben und wünschte höchstens Windthorst, Richter und Genossen „versohlt“ zu sehen. – ||
Ein Bekannter von mir nennt die Franzosen stets crossbreed of a tiger and a monkey. – Vielleicht findest Du bei Deinen weiteren anthropologischen Studien einen Ziegenbock oder Maulesel im Stammbaum der Deutschen. –
Dein Walter hat sich also noch nicht für einen Beruf entschieden? Unser Aeltester will Ingenieur werden. Aber das ist ein so weites Feld und es muss heut zu Tage so Außergewöhnliches geleistet werden daß mir die Wahl noch etwas problematisch erscheint.
Viele herzliche Grüße von Haus zu Haus. Immer
Dein treu ergebener
Paul Rottenburg ||
P. S.
Einer meiner Freunde zieht sehr schöne Orchideen und eine Sendung, die ich ihm von Rio kommen ließ, war ein großer Success. – Könnte ich wohl an den Director der Gärten zu Paradennia schreiben, mich auf Dich beziehen und ihn fragen ob er noch Freunden gegen Geld und gute Worte seltene Sorten besorgen will. –
Entschuldige die Bemühungen
PR. –