Hermann Eschke an Ernst Haeckel, Berlin, 26. Dezember 1875

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Berlin W. 26 Dezember 1875.

„Morgen Kinder wird’s was geben“ so vielstimmig und so falsch wie möglich gesungen, zu ertragen nur, weil dieses Tintamarre der Ausdruck der reinsten, unschuldigtsen Kindes-Glückseligkeit ist, hervorgerufen durch das bevorstehende Fest, und gesteigert durch die soeben heimgebrachten 8 guten, zum Theil sogar vorzüglichen Censuren, Wirrwarr überall, Mutterleben soviel sorgend, daß sie nicht mehr genau weiß, wo ihr der Kopf steht und Vaterleben norwegische Landschaften malend – so ohngefähr war die Situation, als der buchhändlerische Bote ein Paket überbrachte. || Hurrah! „Arabische Korallen von Ernst Haeckel“ – die Freude!!!

Ich verzichte darauf, mein Empfinden in Worte zu kleiden. Das Buch bildete am Abend die Hauptzierde meines Weihnachtstisches, und am 1 und 2ten Feiertage war es mein eifriges Studium. Ich habe es mit Andacht und nicht vergebens gelesen; ich stand auf keiner höheren Zinne des Wissens als jene Damen pag. 2. und freue mich eine Lücke ausgefüllt zu sehen. Das Buch hat mich aber nicht nur belehrt – sondern sehr bedeutend, nach einer, meinem Empfinden sehr entsprechenden Seite hin, angeregt, || und soll, so hoffe ich, nicht ohne gute Früchte bleiben.

Der Verleger hat seinerseits Außergewöhnliches geleistet. dem schöne Inhalte ein vorzügliches Gewand zu verleihen, so daß das Werk nun, als ein nach jeder Richtung hin, harmonisches Ganzes dasteht. Für ganz meisterhaft betrachte ich die Zeichnung und Ausführung der Korallen und selbst den rein künstlerischen Theil, die Tafeln III IV V muß ich als durchaus gelungen anerkennen. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, so haben Sie an den Aquarellen, seit jener Zeit, wo ich sie sah, noch eine veredelnde Hand gelegt; wenigstens finde ich mich, angesichts der vor-||liegendena Ausführung, nicht mehr zu den einst gethanen Bemerkungen veranlaßt.

Ich gratulire Ihnen zu dem schönen Werke; und danke Ihnen von ganzem Herzen für die außerordentliche Freude, die Sie mir durch Uebersendung dieses, sowie der Schilderung ihrer Reise nach Brussa und dem Olymp, welche Letztere mir durch Freund Koerner überbracht wurde, bereitet haben. Sollte ich jemals in der glücklichen Lage sein, Ihre liebenswürdige Freundlichkeit durch Ihnen nutzbringende Dienste erwidern zu können, so bitte ich, verfügen Sie ganz über Ihren dankbar ergebenen und

Sie hochverehrenden

H Eschke

a irrtüml.: vor-||vorliegenden

Brief Metadaten

ID
3132
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
26.12.1875
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,1 x 21,7 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 3132
Zitiervorlage
Eschke, Hermann an Haeckel, Ernst; Berlin; 26.12.1875; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_3132