Otto Hamann an Ernst Haeckel, Göttingen, 8. November 1886

Göttingen 8. Nov. 86.

Hochverehrtester Herr Professor,

Zu Beginn jedes Semesters bekommen Sie von mir einige Zeilen, denn es drängt und drückt mich dazu und dann ist es ja erlaubt, wie Allmers sagt:

„Doch schreibe nur wenns drängt und drückt,

Sonst lass’ es lieber bleiben.

Denn drängt es nicht und drückt es nicht,

So hilft es nicht und glückt es nicht

Und schafft nur – Langeweile.“

Unser Semester ist triste wider angegangen || und wenige Studenten wie immer sind da. Der zoologische 4stündige Curs bei Pf. Ehlers ist von zwei Mann besucht. (eigentlich nur von einem, da der andere den halbena Tag belegt hat.)

In seiner speciellen Zoologie haben 10 Mann belegt und in der Anthropologie (3stündig privatim 20 Mk!) ebensoviel, nämlich die nämlichen! Brock liest 1stündig privatim Darwinismus aber unter dem zamen Göttinger Titel: Historisch-Kritische Darstellung der Descendenztheorien! und das Alles in einer Stunde! Am ersten Tag und zweiten Maleb sind 3 Zuhörer dagewesen; wieviele belegen werden ist mir unbekannt, doch ist die Warscheinlichkeit einen begrenzte, nämlich zwischen einem || oder zweien.

Auch meine Kollegs sind schwach besucht. Ich lese Parasiten 2stündig privatim mit sechs Belegten und Specielle Zoologie 1. Teil mit zwei Mann, ebenfalls 2stündig privatim. Pf. Ehlers hatte voriges Jar Specielle Zoologie 1. Teil gelesen; da er aber Alles liest, grase ich ihm nur nach und lese dasselbe! –

Donnerstag u. Freitag 5–7 Uhr muss ich 2 Stunden hintereinander lesen, da die übrigen Tage vom großen Ehlers besetzt sind. (Vormittags Specielle Zoologie Nachmittag Montag–Mittwoch Anthropologie 6–7 Uhr.)

Sven Lovén hat mir zur Auffindung der Globiferen (die übrigens auch Duncan in seiner Nachuntersuchung bestätigt hat. im: Mrks. Journal. Refact.)|| Glück gewünscht und seine Photographie gesendet, zugleich mich um die Meinige gebeten. Diese Anerkennung von Jemand, dem ich in Nichts nahe stehe, hat mich unendlich gefreut.

Für Ihren lieben letzten Brief sage ich noch meinen besten Dank!

Meine Echinidenarbeit geht langsam vorwärts, aber wird, hoffe ich, in ihren Resultaten desto sicherer sein.

Vielleicht komme ich um die Weihnachtszeit nach Jena, also bald!

Ich bitte mich und meine Frau Ihrer hochverehrten Frau Gemalin zu empfehlen und bleibe

in alter Treue

Ihr Otto Hamann.

a gestr.: ganzen; eingef.: halben; b eingef.: und zweiten Male

Brief Metadaten

ID
30890
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
08.11.1886
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,9 x 22,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30890
Zitiervorlage
Hamann, Otto an Haeckel, Ernst; Göttingen; 08.11.1886; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_30890