Richard Hertwig an Ernst Haeckel, Schlederlohe, 30. März 1907

PROFESSOR DR. R. HERTWIG.

Schlederlohe b/Wolfratshausen

a 30. März 1907

Hochverehrter Lehrer! lieber Freund!

Seit vorgestern bin ich von München nach Schlederlohe übergesiedelt um endlich einmal Ruhe und Ferien zu haben. Das herrliche Wetter gestern haben wir benutzt um Partien zu machen. So komme ich erst heute dazu Ihnen für Ihren lieben Brief herzlichst zu danken, zugleich auch für Ihre so ausserordentlich freundlichen Worte, || die Sie in Ihr Schreiben an die Akademie rücksichtlich meiner Thätigkeit haben einfliessen lassen. Heigel, dem ich persönlich nahe stehe, hat sich über das Schreiben so sehr gefreut, daß er es mir umgehend mit sehr herzlichen begleitenden Worten zusandte.

Über das Verhalten der Berliner Facultät habe ich mich sehr gewundert. Ich schreibe gleichzeitig an Oscar und erkundige mich, warum das übliche Erneuern des Diploms, welches in diesem Falle mit einer ganz besonderen Feierlichkeit hätte statt finden sollen, || unterblieben ist. Daß irgend welche Unfreundlichkeit der Gesinnung vorgelegen hat, glaube ich nicht. Ich vermuthe eher ein Versehen.

Meine Münchener Schüler haben sich ganz ausserordentlich gefreut, Gelegenheit gefunden zu haben, Sie kennen zu lernen; sie waren von Ihnen ganz begeistert.

Das Beantworten des Riesenstoßes von Glückwunschschreiben und Telegrammen muß ja eine enorme Arbeit für Sie gewesen sein, selbst wenn Sie in vielen Fällen es bei einem gedruckten Schreiben haben || bewenden lassen.

Hoffentlich haben Sie inzwischen Ihre Absicht nach dem Süden zu gehen verwirklicht. April und Mai in Italien zu verleben muss ja herrlich. Ich wünsche Ihnen gutes Wetter und reichen Genuß. Hoffentlich führt Sie Ihr Rückweg über München.

Noch einen besonderen Gruß und Glückwunsch an ihre Excellenz, Ihre Frau Gemahlin. Ich denke, die in Ansehen Ihrer radicalenb Gesinnung ganz besonders bedeutsame Auszeichnung wird Ihrer lieben Frau noch größere Freude gemacht haben als Ihnen.

Herzlichste Grüße zugleich auch im Namen meiner Frau!

Ihr in alter Dankbarkeit

R. Hertwig

a gestr.: MÜNCHEN, DEN SCHACKSTR. 2/3.; b eingef.: radicalen

Brief Metadaten

ID
30521
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
30.03.1907
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
11,4 x 17,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30521
Zitiervorlage
Hertwig, Richard an Haeckel, Ernst; Schlederlohe; 30.03.1907; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_30521