Oscar Hertwig an Ernst Haeckel, Berlin, 19. Oktober 1889
BERLIN W., DEN 19 October 1889
MAASSEN-STR. 34.
Verehrter Freund und College!
Endlich kann ich das Ihrem Institut entliehene, mir verloren gegangene Exemplar von Pander, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Hühnchens, durch ein anderes Exemplar ersetzen, welches ich durch Köhlers Antiquariat bezogen habe.
Dass ich seit kurzem auch Vater eines Mädchens geworden bin, werden Sie wohl aus der || Anzeige in der Jenaischen Zeitung erfahren haben. Auch diesmal ist Alles in glücklicher Weise verlaufen. Die Kleine wird mit der Flasche genährt und scheint dabei zu gedeihen. Meine Frau wird am Montag zum ersten Male wieder für einige Stunden aufstehen. Unser Junge hat uns während der Sommerfrische in Folge eines Brechdurchfalles Last gemacht, ist aber jetzt auch ganz frisch und gesund.
Einen Theil der Ferien habe ich zu Vorarbeiten für || eine dritte Auflage der Entwicklungsgeschichte benutzt. In Folge mehrerer neuerschienener Arbeiten muss ich doch an mehreren Stellen eingreifendere Umänderungen vornehmen.
Mein für den Winter neu angekündigtes Publicum über Entwicklungstheorien wird mir auch einige Arbeit machen; ich denke es dann alljährlich im Winter zu lesen.
Ist schon etwas wegen des Nachfolgers für Lang bestimmt? An Bewerbern wird es nicht || gefehlt haben. Dass Sie noch im letzten Theil der Ferien Jena verlassen haben, habe ich durch Bardeleben auf dem Anatomencongress erfahren, aber nicht, wohin Sie Ihr Weg geführt hat.
Hoffend bald Gutes von Ihnen u. Ihrer Familie zu hören, bleibe ich mit besten Grüssen an Sie und Ihre Frau Gemahlin
Ihr ergebener
Oscar Hertwig.