Karl Krall an Ernst Haeckel, Elberfeld, 1. April 1913

KARL KRALL

ELBERFELD, den 1.4.13.

ROONSTRASSE 54

Euer Exellenz [!]

erlaube ich mir heute davon Mitteilung zu machen, dass die Fortschritte in der Sache der „Denkenden Pferde“ sehr erfreuliche sind. Es fehlt zwar nicht an heftigen Gegnern und allerlei Gegenerklärungen von Leuten, die nichts von der Sache gesehen haben. Aber auch die zustimmenden Artikel sind erfreulich und zahlreich. Gestern erhielt ich zum Beispiel einen Aufsatz von Prof. Karl Camillo Schneider. Schneider war entschieden einer der heftigsten Gegner der Tierintelligenz. Er giebt auch jetzt noch nicht den Verstand des Tieres zu, aber er erkennt rückhaltlos die Tatsachen an. Damit müssen wir uns für den Augenblick begnügen, denn es ist das Wesentliche, dass die Tatsachen durchdringen. In einigen Tagen werden die Mitteilungen der Gesellschaft für Tierpsychologie erscheinen und im Laufe des Frühjahrs gebe ich eine umfangreiche Zeitschrift „Tierseele“, Zeitschrift für vergleichende Seelenkunde heraus, die das Problem der „Denkenden Pferde“ weiter verfolgen, und hoffe ich, auch viele anregende Aufsätze bringen wird. Die ersten Nummern befinden sich bereits im Druck.

Die Fortschritte des blinden Berto sind ausserordentlich gute, die zwara jetzt seit 3 Wochen durch Perioden der Unlust unterbrochen werden, die wahrscheinlich durch den Zahn- und Haarwechselb hervorgerufen werden. Seit 3 Wochen bin ich im Besitz eines jungen indischen Elefanten, der auf der Schreibmaschine unterrichtet wird. Bei diesem Tiere stehen uns natürlich ganz andere Ausdrucksmittel zur Verfügung, und so ist zu hoffen, dass dieses junge Schreibmaschinenfräulein, mit seinem zarten Rüsselchen das letzte Bollwerk der Gegner stürzen wird. Ich wollte nicht verfehlen, Euer Exellenz [!] von diesen erfreulichen Fortschritten Mitteilung zu machen, und habe nur das eine Bedauern daran zu knüpfen, dass wir Sie nicht einmal hier in Elberfeld, im Kreise derc Tierhochschule begrüssen können.

Mit den besten Wünschen für Euer Exellenz [!] Gesundheit bei dem herankommenden schönen Frühling verbleibe ich

Ihr treu ergebener

K. Krall.

a eingef.: zwar; b irrtüml.: Harrwechsel; c irrtüml.: die

Brief Metadaten

ID
29353
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
01.04.1913
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
1
Umfang Blätter
1
Format
21,8 x 28,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 29353
Zitiervorlage
Krall, Karl an Haeckel, Ernst; Elberfeld; 01.04.1913; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_29353