Königsbrunn, Hermann Baron von

Hermann Freiherr von Königsbrunn an Ernst Haeckel, Graz, 27. Dezember 1882

Gratz 27/12 1882.

Hochverehrter Freund!

Ihr letzter Brief mit seinen Enttäuschungen fand mich nicht ganz unvorbereitet, und so sehr ich bedaure, daß alle die schönen Pläne nun doch zu Wasser geworden sind, so thut es mir vorzüglich deßhalb darum so leid, weil Sie hochverehrter Freund sich so viele Mühe kosten ließen, ohne einen Erfolg erzielen zu können.

Ist Herr Kröner nun auch zurückgetreten?

Anderseits fühle ich mich aber auch einigermaßen erleichtert; denn ich gestehe es offen, ich stand der Aufgabe die mir aus der Übernahme der 10 Vollbilder erwachsen wäre, nicht mit dem sicheren Gefühle des vollkommenen Gelingens gegenüber. Die Erwartungen des Publikums wären bei dem unter Ihrem Namen erscheinenden Werke jedenfalls || sehr hochgespannt gewesen, und ob ich bei meinen geistig sehr zerstreuenden Berufsarbeiten die Bilder so gut hätte liefern können, um mit Ihrem Texte auf würdigem Niveau zu stehen, blieb für mich mehr als ungewiß.

Ich tröste mich bei dem Zerrinnen aller schönen Träume nunmehr mit der wiedergewonnenen Ruhe die meiner niemals in die Öffentlichkeit strebenden Natur sowohl als wohl auch meinem sich leider nur zu deutlich einstellenden Alter einigermaßen befriedigend erscheint. Wie aber schon Eingangs gesagt, thut es mir um Ihre vielen wohlwollenden resultatlosen Bemühungen in dieser Sache leid.

Indeß liegt der Gegenstand noch nicht ganz begraben. || Neuere Versuche bei einer Wiener Lichtdruckanstalt haben ein recht zufriedenstellendes Resultat gegeben, und mein Schwager ein junger sehr rühriger Mann wird es mit einer größeren Kohlenzeichnung (cingalesische Hütte.) die Sie bei mir in der Wohnung sahen, versuchen, wie sich das Publikum dagegen verhält. Sollte das erste Blatt Anklang finden, so würden deren mehrere folgen. Sowie ich einen Druck erhalte, will ich Ihnen denselben zur Ansicht einsenden.

Ihr Wunsch die bereits fertigen größeren Kohlenzeichnungen direkte auf Holz photografieren zu lassen, hätte nicht zu dem gewünschten Resultate geführt, da die Bilder in so kleinem Format viel zu gedrängt erscheinen und kaum mit dem Grabstichel geschweige vom Xylographen im Detail klar zu bringen wären. || Die Bilder in den Nordlandfahrten sind ohne Zweifel sehr effektvoll und von schöner künstlerischer Wirkung, allein schon von vorneherein auf modernen [!] Licht und Schatteneffekte angelegt, auf die es bei meinen Bildern gar nicht abgesehen ist. Diese 10 Vollbilder hätten durchaus neu und auf frappante Totalwirkung und weniger botanisch detailliert componirt werden müssen.

Nun es mit den schönen Träumen vorüber ist, tröste ich mich damit, daß eben „Niemand ungestraft unter den Palmen wandelt“ ist mir doch die Ehre und das Vergnügen zu Theil geworden, einem Manne von Ihrer Bedeutung näher getretten [!] a, und durch sein anerkennendes Urtheil ausgezeichnet worden zu sein, wofür ich meinen Dank nicht aufrichtig und warm genug wiederholen kann.

Möge Ihnen und Ihrer geehrten Familie das kommende Jahr recht viel Erfreuliches und die Erfüllung Ihrer besten Wünsche bringen dieß hofft

Ihr dankbar ergebener

Bon Königsbrun

a gestr.: zu sein

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
27.12.1882
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 28941
ID
28941