Martinikenfelde den 7t Nov. 1889.
Mein verehrter Freund!
Als ich aus Paris von dem Besuch der Weltausstellung nach Haus zurückkam, fand ich eine große Überraschung vor. Sie hatten mir die achte umgearbeitete und vermehrte Auflage Ihrer berühmten Schöpfungs Geschichte zusenden lassen und mir dadurch eine große Freude bereitet. Ich bin sehr gespannt, welchen neuen Schatz des Wissens Sie diesem gewaltigen Werke noch zugetragen || haben. Ich denke immer noch mit Freuden daran wie Sie selbst in Brussa in Kleinasien Ihre Schöpfungs Geschichte bei dem dortigen Consul trafen. Diese Zeit ist mir jetzt durch den Kaiserbesuch in Contantinopel recht nahegerückt und als ich heut bei Betrachtung meiner damaligen Studien die Jahres Zahl 1873 las wollte ich fast nicht glauben, daß 16 Jahre seither verstrichen sind. Ich muß offen bekennen es wandelt mich zuweilen eine Sehnsucht an Constantinopel wiederzusehen nun hoffentlich läßt es sich bald einmal ausführen. ||
Was macht denn mein junger College, Ihr Maler, ich bin sehr neugierig auf seinen Entwickelungsgang.
Meinem Aeltesten darf ich Ihre Schöpfungs Geschichte gar nicht zeigen, sonst sitzt er gleich bis über die Ohren darin und wird mir viel zu früh klug, natürlich hat er mich schon danach ausgefragt.
In diesem Sommer hatte ich außer mit unserer Kunstausstellung viel mit der photographischen Jubiläumsausstellung als Juror zu thun. Sollten Sie sich nicht auch die Photographie angewöhnt haben? Bei dem heutigen Stande derselben ist sie doch im Dienst der Wissenschaft eine große Bequemlichkeit. Ich weiß nicht, ob Sie die Ausstellung gesehen haben, es waren gerade in der wissenschaftlichena Abtheilung höchst interessante Blätter. ||
Auf meiner letzten Reise in Aegÿpten habe ich als Ergänzung zu meinen Studien eine Anzahl Photographien gemacht, die mir jetzt recht werthvoll sind. Augenblicklich habe ich ein Bild von dem Pyramiden und ein anderes von dem Marktplatz von Sint begonnen. Bei den jetzigen trüben Tagen gehört wirklich Phantasie dazu sich den südlichen Sonnenschein zu vergegenwärtigen.
Nun nochmals meinen schönsten Dank für Ihr freundliches Gedenken!
Mit den besten Grüßen von Haus zu Haus
In alter Werthschätzung und Freundschaft
Ihr
Ernst Koerner
a korr. aus: Wissenschaftlichen