Kükenthal, Willy

Willy Kükenthal an Ernst Haeckel, Jena, 14. Oktober 1895

PROF. DR. W. KÜKENTHAL

JENA.

Jena d. 14.Oct. 95.

Sehr verehrter Herr Professor!

Leider bin ich genöthigt Ihre Muße zu unterbrechen, um im Interesse des Institutes eine Umfrage zu stellen. Unser Laboratorium wird nämlich diesen Winter stark besucht werden, außer den 7 schon voriges Semester arbeitenden Herren, die sämtlich wiederkommen, hat sich nun auch Herr Dr. Hjort aus Christinia (Sie erinnern sich vielleicht seiner Asridienarbeiten) angemeldet und will bei uns arbeiten. Nun ist guter Rath theuer! In das Zimmer neben dem Assistentenzimmer lassen sich natürlich die Herren nicht || insgesamt unterbringen, selbst wenn einer noch ins Assistentenzimmer übersiedelt, und wir werden wohl an Stelle des bisherigen Arbeitsraumes das große Laboratorium nehmen müssen, wie es ja früher schon geschehen ist.

Heizbar wird dieser große Raum aber nur werden, wenn wir auch die beiden noch fehlenden Doppelfenster anschaffen, und dasselbe wollte ich bei Ihnen anfragen, ob es nicht rathsam sei, sie schon jetzt in Bestellung zu geben. Bei der Langsamkeit der jenaer Handwerker werden doch 4 Wochen vergehen, bis wir sie erhalten.

Die Beleuchtung des Raumes, die mit den zwei bisherigen Gasflammen unzulänglich ist, kann leichtlich dadurch verbessert werden, daß wir an Stelle der bisherigen Flammen zwei Glühlichter („Meteer“ à 5 Mark) anbringen, dann können die Herren || sich um den Tisch in der Mitte herumgruppiren und lesen.

Mit dem Colleg denke ich Donnerstag den 31. huj. zu beginnen. Falls Sie länger ausbleiben sollten, könnte ich ja vielleicht auch Ihre Stunden nehmen, doch steht dem das gewichtige Bedenken entgegen, daß ein solcher Tausch gleich zu Beginn des Semesters für beide Vorlesungen gleich unvortheilhaft ist. Am besten wird es wohl sein wenn ich zunächst am 31. Oct. beginne. Sollten Sie in der darauf folgenden Woche noch nicht lesen, so könnte ich alsdann sämtliche Stunden nehmen.

Hier in Jena fängt allmählich wieder regeres Leben an, und die meisten sind aus den Ferien zurückgekehrt. Daß gestern der arme Brockhaus am Schlaganfall gestorben ist, werden || Sie wohl gehört haben.

Von mir selber kann ich nur vermelden, daß ich seit 8 Tagen Strohwitwer bin, und mich dabei sehr unbehaglich fühle. Meine Frau ist auf ein paar Wochen mit der Belle nach Coburg gereist. Der Druck meines Buches geht stetig weiter, und ich hoffe, Ihnen zu Weihnachten das erste Exemplar überreichen zu können.

Nun verehrter Herr Professor wünsche ich Ihnen weiteren glücklichen Verlauf Ihrer Cur, und freue mich darauf Sie wieder vollkommen genesen in Jena begrüßen zu können.

Mit der Bitte mich Ihrer Frau Gemahlin

bestens empfehlen zu wollen

Ihr getreuer W. Kükenthal.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.10.1895
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 28403
ID
28403