Krauseneck, Gustav Adolf

Gustav Adolf Krauseneck an Ernst Haeckel, Triest, 19. August 1893

Triest, am 19. Aug. 93.

Hochverehrter Herr Professor!

Sie haben mir und uns Allen mit Ihrem Briefe eine große Freude gemacht, wie mit Allem, was von Ihnen kommt.

Wie schön wäre das Leben, wenn es nur so erfreuliche Beziehungen enthielte. Ein Schatten ist nur die Nachricht von Ihren wieder aufgetretenen Leiden, das mich mehr bekümmert, als der Hamann’sche Prozeß. Möge Ihnen das altbewährte Gastein volle Genesung bringen und Sie von dem Hemmschuh eines kranken Fußes ganz befreien. – Daß Sie in unsre Nähe kommen und wir uns nicht sehen können, ist mir ein sehr || großer Schmerz. Leider geht es wohl nicht, denn ich habe mit meiner Frau den Sommerurlaub in Bolitsch in Untersteyermark, wo meine Frau von den Folgen ihrer Phlebitis befreit wurde, schon absolvirt, meine Eltern sind, wenn auch ernster als sie es waren, glebae adscripti und meine Schwester Valentine sitzt mit Mama Kopf auf den Ritten bei Botzen, wohin auch Ihnen der Weg so viel & beschwerlich sein dürfte, so wundervoll schön es da oben ist & so unendlich sie sich freuen würden, wenn Sie kämen. Papa Kopf fährt von einem Fürstenschloß zum andren – Luxemburg, Donauschengen || und will dann nach Bleiburg in Kärnthen zum Grafen Thurn; seinen Besuch bei uns auf den kühleren Herbst planend. Ich bemerke das, weil Sie nach Krempendorf wollen & von dort vielleicht in Bleiburg anfragen. Jetzt ist er ziemlich unsicher in solchen Dingen & wechselt leicht seine Projekte.

Das Feuilleton des Karl. Tagblatt war vorzüglich & sollte dem Kerl eigentlich genügen. In Ihrer Hamann Anmerkung im Monismus ist juristisch schlimm nur die „klingende Münze“, wenn Sie nicht liquiden Beweis haben dafür. Die „Lüge“ ist noch erlaubte Kritik, weil objctiv gemeint oder richtiger gesagt. – Mir scheint ein Freispruch kaum zweifelhaft || und damit dürfte der Mann auch formell fertig sein, was er übrigens heute schon ist. Wären es nur auch seine Treiber, die Wiener Jesuiten, die unser armes Land noch vollends verderben werden. –

Mein Vater, der Sie von ganzem Herzen grüßt, ist viel wohler, auch moralisch & wir führen ein behagliches Dasein. Ich bin sehr beschäftigt & hier gebunden. Vielleicht gestattet der Winter doch eine kurze Pause zu einem Besuch in Berlin, wobei wir die Freude hätten, Sie & Ihre verehrte Familie auch zu sehen. Ihrer Frau Gemahlin unsere besten Empfehlungen & Ihnen, hochverehrter Herr Professor, von meiner Frau und uns allen die besten Grüße & Wünsche.

Erlauben Sie mir eine Frage. Ist am Ende auch Ihnen die Weinkiste beraubt zugegangen?

Ich habe eine solche Erfahrung gemacht & es wäre mir zu unangenehm, wenn auch Sie leere Flaschen erhalten hätten. Ihr treuergebener

G. Krauseneck

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
19.08.1893
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27785
ID
27785