Arnold Lang an Ernst Haeckel, Zürich, 29. Dezember 1894

Verehrter und lieber Papa Haeckel!

Mitten in allgemeiner Unordnung und Verwirrung ergreife ich die Feder, um Ihnen und Ihrer Familie unsere herzlichsten Glückwünsche darzubringen. Vor Allem gratuliren wir zum Grossvater. Wir haben uns sehr gefreut zu hören, dass alles glücklich verlaufen ist. Da Sie meine Frau als Tochter adoptirt haben, so wird Ihnen Gelegenheit, im neuen Jahre nochmals Grosspapa zu werden. Meine Frau rechnet auf einen Jungen für März oder April. Ich hingegen bin sicher, dass es ein drittes Mädchen sein || wird!

Meinen verbindlichsten Dank für die Zusendung des ersten Theiles Ihrer systematischen Phylogenie. Ich armer einseitiger Kerl, ich bewundere Ihre grosse Vielseitigkeit. Diejenigen protistischen und botanischen Kenntnisse, die ich mir als Student erworben hatte, sind vollkommen verwischt. Ich bin auf die Fortsetzung Ihres Werkes gespannt!

Ich bin dieses Semester gar nicht zu eigener Arbeit gekommen. Die Vollendung des neuen Hauses an der Rigistrasse, die Neueinrichtung des zoologischen Institutes mit seinen Aquarien u.s.w. || zusammen mit der ausgedehnten Lehrthätigkeit nehmen meine Zeit gänzlich in Anspruch.

Vor dreia Tagen sind wir in unsere neue Wohnung eingezogen in welcher wir uns, dank der Energie und dem praktischen Sinn meiner Frau, schon behaglich eingenistet haben. Bis zu Ende Dezember hatten wir prächtiges Wetter, von Schnee keine Spur, die Wiesen noch grün. Seit gestern sind wir mitten im Schneegestöber und Wintersturm.

Wir freuen uns jetzt schon sehr darauf, Sie im neuen Hause, wo Ihnen ein freundliches Gastzimmer wartet, beherbergen und bewirthen zu können und hoffen auf Ihren recht baldigen Besuch. ||

Die Rigistrasse ist ja als Erholungsstation ganz vorzüglich geeignet.

Grüssen Sie mir auf das herzlichste Freund Stahl und Kükenthal. Den mexikanischen Brief des ersteren werde ich demnächst beantworten. Sagen Sie ihm dass ich baldigst auf seinen Besuch rechne und dass er uns dann viel von seiner Reise erzählen muss. Grüssen Sie auch alle übrigen Freunde und bringen Sie mich dem hochwürdigen Referiabend in Erinnerung.

Nochmals die wärmsten Wünsche und Grüsse

von Ihrem

ungerathenen Sohne

Arnold Lang

29. XII. 94.

Die beiden Kinder erfreuen sich der besten Gesundheit!

a korr. aus: zwei

Brief Metadaten

ID
27179
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Schweiz
Entstehungsland zeitgenössisch
Schweiz
Datierung
29.12.1894
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,5 x 21,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27179
Zitiervorlage
Lang, Arnold an Haeckel, Ernst; Zürich; 29.12.1894; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_27179