Eggeling, Heinrich von

Heinrich von Eggeling an Ernst Haeckel, Gastein, 2. September 1907

Gastein 2/ IX 07

Hochverehrter lieber Freund!

Nachdem ich eben in der Zeitung von der Grundsteinlegung des Phyletischen Museums gelesen hatte, wollte ich Ihnen meinen herzlichen Gruß zu dem vollzogenen Weiheakte senden, – da traf Ihre freundliche Sendung vom 30 vorigen Monats ein, für die ich Ihnen von ganzem Herzen danke! Es war sehr freundlich von Ihnen, auch meiner geringen Mitwirkung in der im Grundstein hinterlegten Urkunde zu gedenken. Sie wissen, dass ich an Allem, was Sie angeht, innigsten Anteil nehme, und so auch an diesem Ihrem schönen Werke! Möge es nun schnell ent-||stehen und in seiner Vollendung dereinst Sie voll befriedigen! Sie bedürften wahrlich keines neuen Denkmals; denn die Werke Ihres unermüdlichen Schaffens werden Ihren Namen in der Geschichte der Wissenschaft dauernd erhalten. Aber diese neueste Schöpfung wird sicher wesentlich beitragen, dass Ihre Lehre von der Entwickelung der organischen Welt siegreich sich ausbreitet und mehr und mehr Gemeingut der Menschheit wird! Und darin werden Sie den schönsten Lohn finden. Ich freue mich sehr mit Ihnen, dass wir so weit sind, und danke nochmals herzlichst für die Zusendung des Bildes, der Urkunde und der soeben eingetroffenen Postkarte mit der Darstellung der Feier! –

Meine Frau, die ganz meine Empfindungen teilt, sendet ebenfalls herzlichste Glückwünsche und Grüße und bittet mit mir, dass Sie Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin unseren wärmsten Grüße und Wünsche für die übermorgen angetretene Reise aussprechen wollen. Möge diese Reise Ihnen Beiden rechte Erholung und Erfrischung bringen, vom Wetter begünstigt sein und viel freundliche Eindrücke bieten! –

Wir hatten in der ersten Zeit unseres hiesigen Aufenthaltes noch viel unter schlechtem Wetter, – Kälte, Regen und Schnee zu leiden und die Folge war, dass wir uns wieder Katarrh zuzogen, der uns längere Zeit recht plagte. Seit 8 Tagen haben wir besseres Wetter und wir fangen an, uns zu erholen. Freilich nicht zu verkennen ist, dass || es mit unseren Kräften alle Jahr weniger wird; die gewohnten Spaziergänge greifen mehr an, als früher, und müssen oft abgekürzt werden. Aber wir wollen uns der herrlichen Gebirgswelt freuen, solange uns das Athmen im rosigen Lichte noch gestattet ist. Vielleicht gehen wir in 8 Tagen noch für eine bis zwei Wochen nach Reichenhall, um unsere angegriffenen Athmungsorgane durch Inhalationen zu kräftigen. –

Haben Sie denn die Verhandlungen des Würzburger Katholikentages gelesen? Spahn-Straßburg glaubt Sie von Loofs-Reinke erschlagen. Das Kostbarste aber war der Begriff von freier Wissenschaft, der dort entwickelt und aufgestellt wurde. –

Der Bademeister ruft zum Bade. Also Schluß für heute. Leben Sie wohl, lieber Freund, und gedenken Sie auch ferner freundlich Ihres treu ergebensten

Eggeling

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
02.09.1907
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 2656
ID
2656