Karlsruhe, 9. Juli 07.
Hochgeehrter Herr Geh. Rat!
Meine biographische Schrift ist aus Vorlesungen entstanden, die ich an der hiesigen technischen Hochschule gehalten habe. Sie soll keine Verhimmelung Ihrer Person sein, sondern eine objektive historische Darstellung Ihres Wirkens und Ihres Einflusses auf die geistigen Strömungen der Gegenwart. Ich halte daher eine Beigabe der an Sie bei festlichen Gelegenheiten gerichteten Adressen || nicht für geeignet, ganz abgesehen davon, daß ich jetzt mit den Vorbereitungen für meine kanarische Reise, die ich Ende Oktober antrete, so beschäftigt bin, daß ich eine Redaktion der Adressen nicht vornehmen könnte. Meine Schrift ist nur wenig umfangreich, und schon deshalb sollte man auf die Beilagen verzichten, da sie den Text in den Hintergrund drücken würden. Herr Koehler hat mich gar nicht darnach gefragt, ob ich mit den Beilagen einverstanden bin.||
Ich habe auch sonst meine liebe Not mit ihm. Er hat mein Manuskript im August 1906 acceptiert und damals geschrieben, es solle noch vor Weihnachten desselben Jahres erscheinen, trotz vieler Mahnungen ist er aber bis jetzt noch nicht an die Drucklegung herangetreten. Es müssen nun mancherlei Zusätze gemacht werden, da ja im letzten Jahr wieder viel über Sie veröffentlicht worden ist. ||
Es tut mir sehr leid, daß Herr Koehler Ihre wertvolle Zeit unnütz in Anspruch genommen hat, ich bin aber unschuldig daran. Ich werde ihm sogleich schreiben, daß ich die Beilagen nicht wünsche.
Über Ihre Mitteilung über Ihr Wohlbefinden habe ich mich sehr gefreut. Über Ihren Vortrag im Jenaer Volkshaus las ich in der Zeitung.
Mein Manuskript habe ich Herrn Koehler auch honorarfrei überlassen. Verdient habe ich bis jetzt mit meinen Schriften noch keinen Pfennig. Mit ergebensten Grüßen
Ihr dankbarer Schüler
W. May.