Heinrich von Eggeling an Ernst Haeckel, Marienbad, 24. August 1900

Marienbad 24/ VIII 1900

Hochverehrter Herr Professor!

Lieber Freund!

Soeben erhielt ich hier Ihre Briefe vom 20 und vom 22 dieses Monats. Freund Fürbringer hatte bereits sein Entlassungsgesuch mir eingereicht. So ist denn meine Besorgniß bestätigt, die Sie als unbegründet bezeichnen zu können glaubten und Fürbringer ebenfalls abwies, als ich mit ihm Rücksprache nahm. Ich würde Alles gethan haben, um Fürbringer uns zu erhalten; da er mir jedoch garkeine Gelegenheit bot, ihm Anerbietungen zu machen, sondern ohne Weiteres || in Heidelberg für den 1 April 1901 zusagte, so bleibt nichts übrig, als seinem Entlassungsgesuch zu entsprechen. Mit Ihnen empfinde ich ganz die Schwere dieses Verlustes und bedaure ihn tief. –

Die Wiederbesetzung des Lehrstuhles wird wohl nicht so glatt abgehen. Nur Einen vorzuschlagen, geht doch nicht an; ich vermuthe auch, daß seine Freunde, deren er doch auch in der Facultät hat, Bardeleben wieder auf die Liste bringen werden. Nun wir müssen sehen; schade, daß Sie nicht anwesend sind!

Ob Fürbringer das Richtige gewählt hat, indem er die gewohnten Verhältnisse aufgiebt, in denen seinen Wünschen || stets entsprochen wurde, ist mir zweifelhaft. Von Herzen wünsche ich, daß dieser Zweifel sich nicht bestätigen und daß Fürbringer in Heidelberg finden möge, was er erwartete! –

Ihnen, Hochverehrter Freund, drücke ich im Geiste nochmals warm die Hand und wünsche von Herzensgrund günstigen Verlauf Ihrer Reise und besten Erfolg derselben! Grüßen Sie, bitte, auch unseren sehr verehrten Gönner, Herrn Dr. von Ritter herzlichst von mir.

Ich stehe am Schluß meiner Kur, der ich mit bestem Erfolge obgelegen habe. Morgen kommt meine Frau, um mich zur weiteren Reise ins Gebirge abzuholen. Wir gedenken am 28 oder 29 hier abzureisen, wenn || nicht die Schwiele am Fuße mich zu längerem Verbleiben nöthigt. Sie war bei dem vielen Laufen wieder sehr gediehen und machte mir viel Noth. In der Verzweiflung habe ich mich in die Behandlung eines von den K. K. Behörden autorisirten Pedicure begeben, der mein Leiden beseitigen will. Hoffentlich hält der Mann Wort und ich kann noch einmal auf die Beine; augenblicklich leide ich aber noch und ist mir nicht sicher, daß ich bis 28 hergestellt bin. –

Die Meinen haben sehr bedauert, Sie nicht mehr gesehen zu haben!

Leben Sie wohl und lassen Sie bald einmal Gutes von sich hören. –

In größter Verehrung und treuer Ergebenheit

Ihr Eggeling

Brief Metadaten

ID
2632
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Tschechien
Datierung
24.08.1900
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
11,0 x 16,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 2632
Zitiervorlage
Eggeling, Heinrich von an Haeckel, Ernst; Marienbad; 24.08.1900; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_2632