William Marshall an Ernst Haeckel, Leipzig, 14. November 1889

Leipzig, 14 November 1889.

Hochgeehrter Herr Professor!

Für vier Beweise Ihres Wohlwollens gegen mich habe ich Ihnen meinen innigsten Dank abzustatten. Ihre Liebenswürdigkeit mir Tafeln Ihrer neuesten Arbeiten au fond perdu, was die Materie derselben betrifft, zukommen zu laßen, setzt mich in die angenehme Lage eine Besprechung derselben im „Humboldt“ mit guten Illustrationen ausstellen zu können. Die freundschaftliche Dedication der „natürlichen Schöpfungsgeschichte“, aus welcher mir ein liebes altbekanntes Gesicht in vortrefflicher Darstellung, theure Erinnerungen erweckend, entgegengeistert, ermöglicht es mir das etwas abgestandene Salz meiner Vorlesungen über „darwinische Theorie“ neu aufzuwürzen. An die || Möglichkeit für die Ritter-Profeßur auch nur in allerletzter Linie in Vorschlag zu kommen, hatte ich, bei meinem Verhältniß zu meinen wohlwollenden Freunden in weimarischen Regierungskreisen, niemals auch nur im Entferntesten gedacht, abgesehen davon, daß mein Lichtchen für diesen Scheffel doch zu gering sein dürfte. Indeßen danke ich Ihnen auch für diesen Freundschaftsdienst von ganzem Herzen.

Was endlich die Bearbeitung der vom Herrn Collegen Kükenthal mitgebrachten arktischen Spongien angeht, so werde ich es mir zur Ehre anrechnen eine Aufforderung von Ihrer Seite nach bestem Vermögen zu entsprechen, – nur muß es nicht gleich sein! Ich bin mit Arbeiten überhäuft. Zu Allem, was schon im Gange ist, habe ich auch noch die Neubearbeitung des letzten Bandes von Brehm’s Thierleben übernommen. Da ist viel nachzuholen! Von Tiefseethieren ist gar || nicht die Rede darin. Der gute Oscar Schmidt hat sich dies wichtige Kapitel, aus dem doch schon zur Zeit der letzten Veröffentlichung recht viel bekannt war, einfach geschenkt. Es ist eine schwierige Sache, dera Arbeit eines Andern immer noch ihre Geltung zu laßen, sodaß eben nichts Neues entsteht, sondern nur eine Uebermalung, unter welcher das Original noch hervorblickt. Dabei soll der gegebene Umfang nicht überschritten, aber doch, auch was die Abbildungen betrifft, allen modernen Bereicherungen der Wißenschaft Gerechtigkeit widerfahren. Na, – ich werde mein Bestes thun, obgleich es weit leichter ist bei solchen Darstellungen in’s Längliche zu fallen, als sich kurz zu faßen.

Mit der Bitte mich Ihrer verehrten Frau Gemahlin und den jenaischen Herrn Collegen bestens zu empfehlen bin ich

in alter Treue und Dankbarkeit

wenn auch keiner Ihrer besten, so doch Ihrer anhänglichsten Schüler, als welcher ich zeichne

ergebenst

Marshall

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Brief Metadaten

ID
26254
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
14.11.1889
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,5 x 22,2 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 26254
Zitiervorlage
Marshall, William an Haeckel, Ernst; Leipzig; 14.11.1889; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_26254