Leipzig 27/X.89.
Hochgeehrter Herr Profeßor!
Empfangen Sie meinen besten Dank für das prächtige Geschenk, mit dem Sie mich überrascht und für den lieben Brief, mit welchem Sie mich erfreut haben.
Ich brauche Sie nicht zu versichern, in welch’ hohem Grade mich Ihre neue Arbeit intereßirt hat. Das sind ja wieder einmal wundervolle Dinger, sowohl ihrer Organisation an und für sich nach als wie betreffs ihrer allgemeinen Bedeutung. Ich werde mir eine allgemeine Besprechung der Untersuchungen erlauben und dort auf das Einzelne eingehn. Haben Sie vielleicht einige unbrauchbare Korrektur-|| tafeln, aus welchen ich ein oder die andre Figur zur Illustration der Besprechung herausschneiden kann, wodurch mir die Arbeit des Abzeichnens, die bei einem kümmerlichen Artisten, wie ich einer bin, so nur kläglich ausfällt, erspart würde.
Neulich erhielt ich die Arbeit eines Ihrer Schüler, welche mich lebhaft intereßirt: über Architektur von Hydriodpolypen von Driesch. Wird er sich nicht an die Behandlung der Graptolithen machen? Ich halte diese merkwürdigen Bestien grade nach jener Richtung hin für besonders wichtig und lehrreich. Ich sitze, der Noth gehorchend nicht dem eignen Drang, in populären Arbeiten festgeklammert. Du lieber Himmel! il faut vivre und um so mehr die Kinder herauswachsen. ||
Daß die Carriere dabei nicht fortgeht, liegt auf der Hand und man wird immer mehr in’s alte Eisen geworfen! Da ich außerdem nicht verstehe vor den s. g. großen Herrn, die doch so oft kleine Thierchen sind, zu katzbuckeln auch keinen von ihnen zum Schwiegervater habe, so – na, der Rest ist schweigen.
Meine Schüler hängen an mir und das ist die Hauptsache. Wir können nicht alle Baumeister sein, es muß auch arme Brüder geben, welche den Lehm treten, wenn ein Haus zustanden kommen soll!
Nochmals meinen herzlichsten Dank für Ihr freundliches Wohlwollen!
Ihr treu und aufrichtig ergebener
Schüler
Marshall