DR. JULIUS MICHELSOHN
PRIVATKLINIK FÜR CHIRURGISCHE
UND FRAUENLEIDEN.
ORTHOPÄDISCHES UND RÖNTGEN-INSTITUT.
HAMBURG, DEN 5 6a 1919
KLOSTERALLEE 4–6 (SCHLUMP-HALLERSTR.)
Mein lieber und verehrter Lehrer!
Ihren letzten Brief habe ich wohl erhalten, doch war ich leider in den letzten Wochen nicht in der Lage, wie ich beabsichtigt hatte, an Jena zu denken. Seit vielen Wochen litt ich an einer Myalgie und Neuralgie der linken Schulter und des Armes und als dieses schon im Abklingen war, erwarb ich mir nach einer schweren Operation mit Erysipelb & Gangrähn, eine Infektion des Armes und der Hand, sodass ich jetzt arbeitsunfähig bin. Erst letzten Montag und Dienstag wurde ich operiert. Ich war froh, dass Alles lokalisiert war. Nun will ich zu Pfingsten meine herzlichsten Grüsse & die schönsten Wünsche senden. Von C. Ries hörtec ich, dass Sie mit Ihrem Gesundheitszustand nicht zufrieden sind. Hoffentlich wird die Natur || der Sommermonate Ihnen noch Kräftigung und Stärkung bringen. Da Sie mit meinen letzten Theobromien zufrieden waren, erlaube ich mir heute per Post an Sie an kleines Pfingstpaket zu schicken. Mit dem Inhalt: 2 Flaschen Kakaolikör, ½ Pfd. feindlichen Bohnenkaffee, ½ Pfd. neutralen Kakao, 1 Ko. deutsches Apfelmus, 1 Pfd. Wilsonspeck. Ich hoffe, dass diese gemischte Zusammensetzung Ihnen einen befristeten Frieden bringen wird. Ich bitte um eine Empfangsbestätigung. Viele Arbeiten die ich vor hatte, musste ich beiseite legen.
Nochmals danke Ihnen für die Zusendung „Unsere Ahnenreihe“. „Die Wunder der Natur“ habe ich noch nicht erhalten. Der Zucker aus Wernigerode ist deswegen nicht abgeschickt worden, weil der dortige Fabrikant die Fabrik hat schliessen müssen.
Mit den allerherzlichsten Grüssen
Ihr Sie liebender & dankbarer
Schülerd
Julius Michelsohn
a Tippfehler: &; b korr. aus: Erysipe; c Tippfehler: horte; d egh.: Ihr Sie … dankbarere Schüler