Paul von Rautenfeld an Ernst Haeckel, Colombo, 25. Februar 1909

Colombo, d. 25. Februar 1909

Hochgeehrter Herr Professor.

Nachdem ich Ihnen zu Ihrem 75ten Geburtstage, welchen ich mit dem Direktor-Assistenten Dr Lock, „im Herzen des Paradieses“, im Perademia feierte, meinen herzlichsten Glückwunsch telegraphisch übersandt habe, möchte ich Ihnen nunmehr in aller Kürze über || den Verlauf meiner leider nur allzukurzen Reise durch Ceylon Bericht erstatten.

Nach interessantem fünftägigem Aufenthalte in Bombay traf ich den 6ten Februar in Colombo ein und reiste sofort nach Galle mit den „Indischen Reisebriefen“ in der Hand. Nachdem ich ein paar Tage in der stillen Hafenstadt die schönen Korallenbänke durchmustert hatte, begab ich mich zu Wagen nach dem heißersehnten Belligemma, || welches ich noch nicht kannte. – Ich muß gestehen, es ist in der Tat la gemma la fin bela della Taprobane. Die drei Tage, die ich dort im Gasthause verbrachte, waren die lieblichsten und anmutigsten meines Lebens. Eine wohltuende Stille herrschte rings um mich herum und nirgends in Ceylon habe ich den Kokospalmenwald der Küste so malerisch gefunden, wozu nicht wenig das reizende Gan Duwa beitrug. Die Eisenbahn liegt weit || ab von der Bucht, so daß man von ihr nichts sieht und hört.

Ich besuchte natürlich auch Basamma und Mirissa sowie Dena Pitya und den Borula-Wewa. Darauf ging es nach Matara (Dondra-Head) und Tangalla, von wo ich den interessanten Höhlentempel von Mulkirigala und den restaurierten Tank von Udukiriwella besuchte.

Den 15ten Februar war ich wieder in Colombo, wo ich || vom Konsuln Freudenberg sehr freundlich auf Ihr liebenswürdiges Einführungsschreiben hin, empfangen wurde. Den 16ten verbrachte ich, wie schon erwähnt, in Perademia und Kandy. Die Nacht vom 17ten auf den 18ten Februar bestieg ich den Adams Pik, von dessen sagenumwobenem Gipfel ich den berühmten Schatten des heiligen Berges gleich nachdem Helios über dem leuchtenden Wolkenmeere erschienen war, sah. Ich bestieg || den Samanala von der Station Hatton aus, d. h. ich hatte von dort über Dickoya und Maskeliya nach dem vierzehn englische Meilen entfernten Rasthaus von Laxapana zu fahren und mußte darauf die noch übrigbleibenden acht Meilen bis zum Gipfel zum größeren Teil durch frischgrüne Teeplantagen und zum Schluß durch einen kleinen Rest des einstmaligen ausgedehnten Urwaldes wandern. Als ich am frühen Morgen des 20ten Februar den Piduru Talagala bestiegt, schritt || ich auf sehr bequemem Wege fast ununterbrochen durch wunderschönen, farbenprächtigen Hochwald und genoß von der Höhe eine herrliche Aussicht, besonders auf den Adams Pik, dessen Wolkenpinie sich eben über ihm zu bilden anfing.

Von Nuwara Eliya machte ich die sehr schöne Bahnfahrt über Manuoya nach Bandarewella und begab mich dann zur Postkutsche nach dem reizenden Badulla, wo ich einen jungen Teepflanzer, Sohn || einer meiner Kollegen, besuchte.

Eben bin ich von Bandarawella über Nacht nach Colombo zurückgekehrt und reise schon morgen über Süd-Indien und Birma nach Hongkong.

Ich erlaube mir einige Photogramme diesem Brief beizufügen in der Hoffnung, daß dieselben Sie interessieren werden.

Mit meiner besten Empfehlung an Ihre hochverehrte Frau Gemahlin verbleibe ich in Verehrung

Ihr ergebenster

P. v. Rautenfeld

Brief Metadaten

ID
22307
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Sri Lanka
Datierung
25.02.1909
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
8
Umfang Blätter
4
Format
11,3 x 17,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 22307
Zitiervorlage
Rautenfeld, Paul von an Haeckel, Ernst; Colombo; 25.02.1909; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_22307