Reinhold Hein an Ernst Haeckel, Würzburg, 7. April 1855

Mein lieber Ernst!

Soeben in Würzburg glücklich angelangt, beeile ich mich, meinem Versprechen gemäß, Folgendes Dir zu berichten. Ich habe eine sehr schöne Wohnung in dem grünen Gartenhause, wo Bertheau gewohnt, aber 1 Stock hoch bei sehr ordentlichen Philistern; u. zwar habe ich ein Zimmer nach Norden gewählt, für 7 fl. (mit Bedienung). Im gleichen Flur, bei denselben Philistern befindet sich eine gleiche Stube, schön möblirt, nach NordWest gelegen, aber vor der Sonne ziemlich geschützt, zum gleichen Preise, die ich Dir sehr empfehlen kann u. vorläufig für Dich gemiethet habe, mit der Bedingung, daß Dir die Zahlungen erst von dem Tage angerechnet werden, an welchem Du einziehen wirst, wenn dies noch vor dem 1ten Mai geschieht. – Zwischen unsern beiden Zimmern befindet sich eines, in dem die Philister einige Sachen stehen haben, das einen hübschen Altan hat. Dieses können sie zwar nicht ausräumen, sind aber gern erbötig, es uns, wenn wir es wünschen, oft aufzulassen. Ueber meinem Zimmer befindet sich bei andern Philistern – einer sehr alten Frau, mit röthlicher || Nase, vielen Kreuzchen u. Gebetbüchern –, noch ein Zimmer für 6 fl., weniger gut möblirt. Das welches Bertheau hatte, scheint mir besetzt.

Solltest Du mit dem vorgeschlagenen Zimmer nicht zufrieden sein, oder das Letztere wünschen, so würde ich Dir auch meines zu überlassen bereit sein, oder späterhin noch mit Dir tauschen. Jedenfalls bitte ich Dich mir umgehend zu schreiben, ob Du das obere zu 6 fl. (mehr nach Norden, was Deine Mutter nicht zu wünschen schien), oder das untere (respektive das meinige –) wählst, – denn beide könnten jeden Augenblick vermiethet werden. – Jedenfalls sende Deine Sachen unter meiner Addresse: R. H. a beim Tünchermeister Conrad (an d. Bleicher Kirche.) –

Ueber den Anfang der Collegien habe ich noch nichts erfahren können.

Beckmann, Blödau u. Strube sind die lieben alten Freunde geblieben; Ersterer empfing mich am Bahnhofe (vor 5 Uhr früh!)

Mit Mayer bin ich trotz mancher impedimenta in Dresden sehr vergnügt gewesen, Näheres aber mündlich! Uebrigens habe ich hier noch niemand gesehen. ||

Herzliche Grüße an Deine lieben Eltern u. an Wilhelm, dem ich wohl nächstens schreibe. – Ich speise mit Strube u. Blödau zusammen im Ochsen u. werde vorläufig auch für Dich dort einen Platz bestellen.

Lebe wohl u. komm bald!

Auf Wiedersehen

Dein Freund Reinhold Hein

Würzburg d. 7ten April 55.

[beschädigte Adresse:]

Ernst Haeckel Stud. med. | Regierungsrat Haeckel | Berlin | Schifferstrasse No. 6.

a gestr.: No 283 382

Brief Metadaten

ID
21877
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Königreich Bayern
Datierung
07.04.1855
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
13,7 x 22,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 21877
Zitiervorlage
Hein, Reinhold an Haeckel, Ernst; Würzburg; 07.04.1855; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_21877