Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Linlithgow, 15. August 1903

PAUL ROTTENBURG

ADRESS TELEGRAMS

ROTTENBURG, GLASGOW.

„Lochcote“

Linlithgow N. B.

15 Aug. 1903.

Liebster Freund!

Freute ich mich bereits über ein Lebenszeichen von Dir (Uebersendung einer Zeitung) zu bin ich Dir besonders dankbar für Deinen Brief vom 2ten. – Ich machte mir bereits alle mögliche Gedanken, als ich garnichts von Dir hörte und unsere Pläne einer kleinen Tour ins Wasser gefallen waren. – Ich sehne mich ordentlich nach etwas Sonnenschein der stets von Dir ausgeht und sehe Grau in Grau politisch, oekonomisch, und die ganze Sache erscheint mir mehr und mehr als ein großer Affenkasten mit ungewöhnlicher Vermehrung der gefährlichsten Species. – Vielleicht ist das auch ein Zeichen des Alters. –

Dein Bericht über Deine Arbeiten und Deine Winterpläne haben uns sehr interessirt. Ich beneide Dich um Deine Arbeitskraft und freue mich für Dich u. Schwester Röschen über die Aussicht auf sechs Monate Italien – Dolce far niente kennst Du nicht. Das kann sich eben nicht Jeder geben.

Die aufwachsende Generation versteht es || besser. Hoffentlich gestaltet sich Alles nach Wunsch. Sei aber nicht allzu sicher daß Du incognito bleibst. Und gingest Du selbst nach Sicilien so wäre es möglich daß ich Dich überrumpele und würde dann natürlich um Dich ganz zu erfreuen den schwarzen Gratulationsfrack mit obligater weißer Binde anlegen und eine halbstündige Festrede einstudiren. – Ob ich vor October hinüber komme ist zweifelhaft; vielleicht im October gelegentlich der Hochzeit einer Nichte in Heidelberg. –

Eventuell werde ich mich dann nach Deinen „where abouts“ erkundigen. –

Wir – d. h. die Familie sitzt seit Anfang Juni hier auf dem Lande 4½ engl. Meilen von der Geburtsstätte Maria Stuarts – Linlithgow – interessante Schloßruine – 14 engl. Meilen von hier nach Edinburgh. –

Ich komme einmal in der Woche und über Sonntag heraus. – Juni/Juli waren passabel – aber August ist miserabel. –

Filius Francis ergeht sich in Speer Schießen und Fischen und liefert für den Tisch recht wohlschmeckende Forellen. Tante Ida hat im Frühjahr in Wiesbaden || eine Wasserkur mit ziemlich gutem Erfolge – trotz schlechtem Wetter – gebraucht und war vor 3 Wochen wieder drüben in Bad Liebenstein wo ihr Schwager (Offizier a. D.) von langjährigem Leiden „erlöst“ wurde.

Hoffentlich hat Lisbeth gute Nachrichten von ihrem Manne und er kehrt demnächst – befriedigt von seinen Erfolgen – in den Schoß der Familie zurück. –

Mit vielen herzlichen Grüßen von Haus zu Haus

Ever yours

Paul Rottenburg

Wie steht es mit der Preisaufgabe des verstorbenen Krupp. – Und wird Etwas aus seinem Projekt eines besondern Lexicons für Zoologen. –

P.R.

Brief Metadaten

ID
19931
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Vereinigtes Königreich
Datierung
15.08.1903
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
3
Format
20,8 x 26,3 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 19931
Zitiervorlage
Rottenburg, Paul an Haeckel, Ernst; Glasgow; 15.08.1903; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_19931