Wall 206, Bremen, 28 Aug. 87.
Mein lieber Freund!
Die Aussicht, Dich in jetziger Ferienzeit in Jena zu treffen, schien mir nicht allzugroß zu sein, bis mir neulich Dein Bruder sagtea, Du würdest nach seiner Meinung erst am 6. abreisen. Aus Deinen lieben Zeilen ersehe ich nun mit Bedauern, daß diese Meinung nicht richtig war und daß ich für diesmal auf das Vergnügen, Dich wieder zu sehen, verzichten muß. Ich habe nun einmal keine Ferien und muß Andere vertreten und bin auf Vertretungen angewiesen. Für dieses Jahr kann ich nur über die Zeit vom 3–12 Septb. verfügen; nachher geht es nicht. Also ein andermal! Ich denke indeß, wenn man sich einmal || ein paar Tage mit einem Plane vertraut gemacht hat, so kommt man nachher um so eher dazu, ihn bei erster sich bietender Gelegenheit auszuführen.
Den Besuch bei Dr. Dieck habe ich lange geplant und auch schon im Einzelnen verabredet. Es sind allerlei gemeinsame Spezialinteressen, die uns zusammenführen. Auch habe ich auf D’s dringenden Wunsch über seine Baumschulen u.s.w. geschrieben, ohne sie je gesehen zu haben. Durch eine nachträgliche Wallfahrt nach Zöschen will ich mir Absolution für diese Sünde zu erwerben suchen.
Deine Tochter wird vielleicht in der Schweiz ein Pensionsjahr verleben? Meine ältesten Töchter sind je ein Jahr an verschiedenen Orten auf dem Lande in Holstein gewesen; die dritte ist jetzt in Bristol in England und habe ich dafür eine junge Eng-||länderin in meiner Familie.
So wünsche ich Dir denn zunächst einige genußreiche Wochen an den lieblichen Ufern des Bodensees.
In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen
Dein treuer
W. O. Focke.
a korr. aus: sagtest