Julius Schaxel an Ernst Haeckel, Palma de Mallorca, 21. April 1913

LABORATORIO BIÓLOGICO MARINO DE BALEARES

Palma de Mallorca (Spanien),

am 21ten April 1913.

Hochverehrter Herr Geheimrat,

Ich bitte zu entschuldigen, daß ich diesmal erst so spät dazukomme den ersten Reisebericht zu geben. Die ersten fünf Wochen nach unserer Abreise von Jena haben wir in Neapel verbracht und da ist nichts Besonderes vorgefallen. Stadt und Umgebung war uns von dem früheren Aufenthalt her gut bekannt, so daß ich mich hauptsächlich der Tätigkeit in der zoologischen Station gewidmet habe. Dort wimmelte es, da gerade die Zeit der Osterferien || war, nur so von jungen Zoologen und anderen Biologen. Einige Zeit arbeiteten mehr als 75 Leute dort! Um den „Nachwuchs“ ist es also, wenigstens quantitativ, nicht schlecht bestellt.

Einige Tage waren wir mit Bekannten in Capri, haben aber diesmal keinen so guten Eindruck gewonnen wie früher; denn es gab so viel deutsche Reisende mittelmäßiger Art dort, daß man ebensogut in Bad Kösen hätte sein können.

Vor etwa 10 Tagen fuhren || wir zu Schiff nach Marseille. Wir hatten eine ziemlich stürmische Fahrt, blieben aber wie gewöhnlich von der Seekrankheit verschont. Die Reise hieher auf einem kleinen spanischen Dampfer, der recht sauber und angenehm war, verlief um so ruhiger und angenehmer.

Palma ist ganz die schlafende Provinzstadt, deren Leben der Vergangenheit gehört, als die sie geschildert wird. Wir wohnen zunächst im Hotel. Morgen siedeln wir in ein eigenes Haus über, das wir in El Tereno, etwa 3 km von der Stadt, gemietet haben. Es enthält 11 Zimmer, ist also viel größer als wir es || benötigen und kostet nur 55 Pts im Monat. Auch ein Garten und einea Terrasse mit weitem Blick auf die Bahia de Palma ist dabei.

Das Laboratorio biologico liegt 2 km von der Wohnung entfernt in Porto-Pi. Es ist recht gut eingerichtet, wenn es auch die Bequemlichkeiten nicht hat, an die man in Neapel gewöhnt wird. Ich bin jetzt und wohl für den ganzen Sommer der einzige Zoologe, der hier arbeitet – ein angenehmer Gegensatz zu Neapel. Morgen soll die eigentliche „forschende“ Tätigkeit beginnen. Da die Zeit bei den hier ansässigen || Spaniern nichts gilt, so lassen sich alle Angelegenheiten nur recht langsam erledigen.

Ende der Woche werde ich wohl auch noch dem Erzherzog Ludwig Salvator in Miramar einen Besuch machen um seine Hilfe für einige Excursionen ins Innere der Insel in Anspruch zu nehmen.

Ich hoffe, daß die nächsten Monate friedlich und in stiller Arbeit verbracht werden können. Gesundheitlich geht es mir || gut und auch meine Frau befindet sich ausgezeichnet.

Sie findet viel Vergnügen daran mit einer spanischen Köchin auf spanische Art Wirtschaft zu führen. Auch an einiger Gesellschaft wird es uns nicht fehlen, da ich in den Circulo Mallorquin, den vornehmsten Club von Palma, aufgenommen worden bin.

–––––

Von Ihnen hoffen wir, daß Sie sich in der guten Jahreszeit recht wohl befinden. Ich freue mich Ihnen im Herbst die Erlebnisse in dem spanischen || Sommer ausführlich erzählen zu dürfen – freilich nicht so anschaulich wie Sie es selbst vermöchten; denn das Aquarelliren bringe ich nicht fertig.

Mit der Bitte uns Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen grüßen meine Frau und ich Sie aufs Herzlichste.

Ihr treuer Schüler

Jul. Schaxel.

a eingef.: eine

Brief Metadaten

ID
18399
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Palma de Mallorca
Entstehungsland aktuell
Spanien
Entstehungsland zeitgenössisch
Spanien
Datierung
21.04.1913
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
7
Umfang Blätter
4
Format
12,8 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 18399
Zitiervorlage
Schaxel, Julius an Haeckel, Ernst; Palma de Mallorca; 21.04.1913; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_18399