Julius Schaxel an Ernst Haeckel, Nizza, 31. Dezember 1909.

Nizza – am 31ten Dezember 1909.

Hotel Palais Royal

Boulevard Carabacel

Hochverehrter Herr Geheimrat!

Meine Frau und ich danken Ihnen für Ihren Brief herzlich. Wir waren schon etwas ina Sorge, da wir weder über Sie und von Ihnen in der letzten Zeit etwasb gehört hatten. Um so mehr freuten uns die günstigen Nachrichten – namentlich auch die Ruhe Plate gegenüber, der ja (wie ich von ihm selbst erfahre) || zur Zeit hinlänglich durch einen Zeitungsstreit mit dem Krakehler Tornow beschäftigt ist. Plate erkundigte sich bei mir über Tornow. Ich schrieb ihm nur Objektives – hoffentlich sehe ich mich nicht plötzlich in die unliebsame Affäre hineingezogen. Leider mußte ich schon anderweitig schlechte Erfahrungen machen: Zu meinem Erstaunen fand ich heute im eben erschienenen Heft 1, Bd. 4 des Archivs für || Zellforschung in einem Aufsatz von Goldschmidt Figuren aus meiner noch nicht erschienenen Arbeit über die Ascidien-Eier reproducirt. Den Figuren ist mein Name beigegeben, nicht aber dem Text, c in dem Goldschmidt seine Ansichten so d vorträgt, wie ich sie in der genannten Arbeit als die meinen dargelegt habe. Meine Arbeit ging ihm als Redakteur am 4ten Juli zu. Er unterzeichnet die seine mit Oktober 1909 – macht sich aber seine Eigen-||schaft als Redakteur so zu nutze, daß er meine Arbeit inhaltlich benützt, sie aber zur Publikation bis 1910 zurückstellt und so seinen Aufsatz vor dem meinen publizirt. Ich habe mich an den Verleger um Aufklärung gewandt. Viel liegt ja schließlich nicht daran. Ich werde mich auch vor einem Prioritätsstreit hüten; aber es ist ärgerlich bei seinem Debüt gleich e derartige Unannehmlichkeiten zu erleben.||

Sonst geht es uns aber gut. Auch mit dem Erfolg meiner Arbeiten bin ich ganz zufrieden. Die Mithilfe meiner Frau fördert mich sehr. Hoffentlich läßt es sich in Jena auch so einrichten, daß ich mit meiner Frau manchmal zusammen arbeiten kann. Nötig dazu ist ja weiter nichts als ein eigenes Laboratorium (ein einzelnes Zimmer).

Die Hälfte unseres hiesigen || Aufenthaltes ist vorbei. In einem Vierteljahr werden wir in Jena sein.

Zum neuen Jahr wünsche ich Ihnen das Beste.

Ihr treuer Schüler

Julius Schaxel.||

[Beischrift von Hedwig Schaxel:]

Sehr verehrter Herr Geheimrat!

Zum neuen Jahr wünsche ich Ihnen recht viel Gutes und Schönes. Ich hoffe sehr Ihre Jenenser Einsamkeit (im zoologischen Kloster!)f manchmal stören zu dürfen, wenn wir in Jena sind.

Viele herzliche Grüße

Ihre | Sie verehrende | Hedwig Schaxel.

a eingef.: in; b eingef.: etwas; c gestr.: d; d gestr.: f; e gestr.: so; f eingef.: (im … Kloster!)

Brief Metadaten

ID
18382
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Frankreich
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
31.12.1909
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
7
Umfang Blätter
4
Format
14,2 x 22,4 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 18382
Zitiervorlage
Schaxel, Julius an Haeckel, Ernst; Nizza; 31.12.1909; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_18382