Nizza, am 2ten Dezember 1909.
Hotel Palais Royal
Boulevard Carabacel
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Aus der Welt wie wir (d.h. meine Frau und ich) sind, habe ich solange nichts mehr über Sie gehört, daß ich mich nach Ihrem Befinden erkundigen muß um nicht in Sorge über ihr Ergehen zu sein. Uns geht es natürlich gut – auch in zoologischer || Hinsicht. In den nächsten Tagen kann ich schon eine vorläufige Mitteilung über die Beziehung des Kerns zum Plasma bei der Ovogenese von Pelagia noctiluca in Druck geben. Der endgültige Aufsatz darüber wird voraussichtlich in der Festschrift für Richard Hertwigs 60ten Geburtstag (10. Sept. 1910) erscheinen.
Meine Frau hilft mir bei der Arbeit in angenehmster-||weise. Die beiliegende Photographie, die von einem herumziehenden Photographen stammt, der neulich im Laboratorium erschien, zeigt uns in unserer Werkstatt.
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Über Jena habe ich gelesen, daß Meisenheimer dort Ritterprofessor wird. Die Anzahl der dortigen Zoologen wird auf jeden Fall nichts zu wünschen übrig lassen. In mancher Hinsicht freue ich [mich] doch den nächsten Winter dort zu sein – namentlich || um wieder Ihre Gesellschaft genießen zu dürfen; denn in der wirbelnden Flut moderner biologischer Literatur, in die man als Anfänger unvermeidlich gerät, ist der überblickende Ratgeber und Lehrer unentbehrlich.
Meine Frau und ich grüßen Sie herzlich.
Ihr dankbarer Schüler
Julius Schaxel.
[Beilage zum Brief vom 2.12.1909: Foto von Julius Schaxel am Arbeitstisch mit seiner Frau Hedwig, geb. Schulmann; Rückseite beschriftet:]
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Diese Photographie wurde am 14. November in unserem Laboratorium aufgenommen. Sie zeichnete sich weder durch große Ähnlichkeit noch durch Schmeichelhaftigkeit aus.
Viele herzliche Grüße
Ihre Sie verehrende Hedwig Schaxel