München, am 9ten Februar 1909.
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Herzlichen Dank für ihre gütige Unterstützung meines Gesuches um Erledigung der Militärgeschichte. Falls ich das Soldatenspiel mitmachen muß, werde ich im Oktober ins Heer eintreten. Andernfalls kann ich von nun an meine Studien ohne Hindernis fortsetzen und hoffentlich lange und ausgibig von meinem Arbeitsplatz im phyletischen Museum Gebrauch machen können.||
Zum Antritt der Ruhezeit, zur Darwin-Feier und vorallem zu Ihrem Geburtstage gestatten Sie mir die herzlichsten Glückwünsche. Niemand als Ihre Schüler können mehr wünschen, daß Sie noch lange den Beschwörungen der Keplerbündler und Genossen Trotz bieten.
Was übrigens der Tartüffe-Artikel der Münchn. Allg. Zeitg. betrifft, so ist er dem übrigen Inhalt dieses Scherl’schen Unternehmens (das auf dem a Umschlag dem Dutzend nach Berliner || Universitätsprofessoren als Mitarbeiter aufzählt) nur ebenbürtig.
In derselben Zeitschrift b publizierte ja seiner Zeit auch c Oscar Hertwig sein „ontogenetisches Kausalgesetz“, mit dem er d Ihr biogenetisches Gesetz „reformirte“ und das er in seinem letzten Buche (Kernfragen der Vererbungs- und Entwickelungslehre) samt einigen vitalistischen Gelüsten wiedervorbringt. Leider muß ich gestehen, daß es meinem Denkvermögen versagt ist seine „Reformation“ zu begreifen; denn gerade mit || dem Verzicht auf phylogenetische Erklärungen bleiben doch die ontogenetischen Prozesse unverständlich.
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Mit den ergebensten Grüßen
Ihr treuer Schüler
Julius Schaxel.
a gestr.: Titell-; b gestr.: pb; c gestr.: so; d gestr.: das