Wilhelm Weißenborn an Ernst Haeckel, Mühlhausen, 8. Mai 1889

Mühlhausen d. 8. Mai 1889.

WILH. WEISSENBORN

MÜHLHAUSEN

Thüringen.

Mühlhausen d. 8 Mai 1889.

Hochgeehrter Herr Professor!

Sie werden gütigst verzeihen, wenn ich erst heute dazu komme, Ihnen für Ihre liebevolle Theilnahme an unsrem großen Verluste, auch Namens meiner Familie, unseren herzlichsten, innigsten Dank auszusprechen.

Habe ich auch von Anfang an so manche ernstliche Besorgnisse gehegt, so hoffte ich doch, daß Bernhard es nunmehr glücklich durchstehen würde, um so mehr, als derselbe in seinem letzten Briefe aus Kriby vom 1 Februar der frohesten Hoffnung war, desto härter traf uns daher die plötzliche Trauerbotschaft.

In jedem unserer Briefe ist er von uns gewarnt worden, seiner Gesundheit nicht zu viel zuzutrauen u. ebenso wiederholten sich in jedem seiner Briefe die Worte: Nur keine unnützen Sorgen um meine Gesundheit und keine Lamentationen, und in seinem vorletzten Briefe, kurz vor Aufbruch zur neuen Expedition schloss er mit den Worten: „Hoffentlich auf Wiedersehen”, die mich einigermaßen bedenklich machten. ||

Auch von amtlicher Seite ist ihm dringend gerathen worden, vorigen Sommer zurückzukehren, wie Sie aus der Beilage erfahren wollen; doch schrieb er mir damals schon: „ich bleibe, bis mir befohlen wird, zu gehen.”

Ich kann es mitunter kaum fassen, u. oft kommt mir der Gedanke, er müsse doch noch zurückkehren u. einigen Trost gewährt es mir nur, daß sein eifriges Streben für die Wissenschaft u. seine Pflichttreue so allseitig lebhaft anerkannt wird.

Ueber seinen Nachlass, der mir wohl noch ca. 7 Monate nicht zu Händen kommen wird, werden mir amtliche Nachrichten zugehen; sollten sich, woran ich nicht zweifle, wissenschaftliche Aufzeichnungen dabei vorfinden, so bitte ich schon jetzt um die Erlaubniß, Ihnen dieselben zur Durchsicht unterbreiten zu dürfen.

Schließlich erwähne ich nur noch, daß er durch Nichts mehr erfreut worden ist, als durch Ihre Briefe u. diejenigen der Herren Prof. Lang und Pechuel, wovon jeder seiner Briefe beredtes Zeugniß giebt; leider ist es ihm nun nicht möglich gewesen, Ihnen seinen Dank dafür auszusprechen, doch dürfen Sie überzeugt sein, daß Bernhard bis zum letzten Augenblick Ihrer mit Dankbarkeit || und Verehrung gedacht hat.

Mit der freundlichen Bitte, an Ihre Frau Gemahlin für ihre herzliche Beileidsbezeugung unseren innigsten Dank zu übermitteln, begrüße ich Sie

mit vorzüglicher Hochachtung!

Ihr tiefgebeugter

Wilh. Weißenborn.

Brief Metadaten

ID
16698
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
08.05.1889
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
14,8 x 23,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 16698
Zitiervorlage
Weißenborn, Wilhelm an Haeckel, Ernst; Mühlhausen; 08.05.1889; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_16698