Johannes (und Johanna) Walther an Ernst Haeckel, Halle, 26. Dezember 1908

PROF. JOHANNES WALTHER.

HALLE A. S., DEN 26 XII 1908

FASANENSTRASSE 4.

Liebe Excellenz!

Mit herzlichem Bedauern haben wir von Ihrem Unfall gehört u. wünschen, daß Sie von Ihrem Schmerzenslager recht bald wieder genesen möchten. Gerade jetzt, wo Sie nach langen Jahrzehnten angestrengtester Arbeit sich Ihrer || wahren Erfolge freuen und das Gedeihen der von Ihnen gesäten Saat verfolgen können, möchte Ihnen recht bald auch die körperliche Gesundheit wieder gegeben werden. Daß nun Plate berufen ist, freut mich ganz besonders, denn ich bin überzeugt, daß Sie unter den jüngeren Schülern keinen besseren finden konnten. Er ist Ihnen treu ergeben, empfindet die große Ehre, die ihm zu Teil wird und wird gewiß Alles thun, um || sich seiner neuen Aufgabe gewachsen zu zeigen.

Ich war zuletzt in Berlin mit ihm zusammen, als ich den ersten Vortrag (Über die Entwicklung des Lebens auf der Erde) im Monistenbund, in der von Plate u. Waldeyer veranstalteten Vortragsreihe hielt. Es war gut besucht u. ich hatte Gelegenheit manche Gedanken meiner Erdgeschichte den Zuhörern verständlich zu machen. Eine von Osborn geleitete englische Übersetzung und eine russische sind im Gang.

Ich habe inzwischen eine neue, recht schwere Arbeit begonnen, nämlich || ein Schulbuch zu schreiben, das als III Bd in der Serie Schmeil erscheinen soll. Es ist geradezu sonderbar, daß es keine Geologie von Deutschland gibt, denn das dicke Werk von Leprier ist nur dem Fachmann verständlich. Die Anordnung des Stoffes, der für diesen Zweck noch nicht geordnet worden ist, macht mir große Mühe, aber da ich allein in diesem Sommer von 2 großen anderen Firmen um eine Geologie von Deutschland angegangen worden bin, fühle ich doch, daß man gerade von mir so ein Buch erwartet u. will die schwere Aufgabe durchführen. ||

Bei uns daheim gehts recht gut.

Im neuen eigenen Heim haust es sich so schön u. da unsere Kinder sich gut entwickeln u. meine Frau trotz vieler Arbeit sich recht wohl fühlt, ist mirs doppelt erfreulich.

Wie ich höre, hat der Finanzminister meine Anforderungen von 33 Mille in den Etat eingesetzt u. so werde ich Ostern noch eine Front von 9 Fenstern dazubekommen, und im Herbst noch Zentralheizung u. elektrisches Licht in allen Räumen. Dann ist mein Institut ganz nach meinen Wünschen umgestaltet u. ich kann froh darin schaffen. ||

Hoffentlich haben wir recht bald einmal die Freude, Sie bei uns als Gast zu sehen.

Empfehlen Sie uns Ihrer verehrten Gattin u. nehmen Sie zum Neuen Jahr unsere herzlichsten Glückwünsche. Wir werden Montag für 1 Woche nach Oberhof gehen.

In treuer Anhänglichkeit

Ihre

Walthers

Sollten Sie noch ein Exemplar Ihrer Ahnenreihe des Menschen haben, das Sie mir in Aussicht stellten, so würde ich Ihnen dankbar sein.a

a Nachschrift vertikal am linken Rand von S. 6 nachgetragen

Brief Metadaten

ID
15781
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
26.12.1908
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
6
Umfang Blätter
3
Format
14,5 x 19,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 15781
Zitiervorlage
Walther, Johannes an Haeckel, Ernst; Halle; 26.12.1908; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_15781