Semon, Richard Wolfgang

Richard Semon an Ernst Haeckel, mit einer Nachschrift von Maria Semon, München, 15. Februar 1909

MARTIUS-STRASSE 7

MÜNCHEN 23.

15/II 09

Hochverehrter, lieber Herr Professor.

Zu Ihrem morgigen 75. Geburtstage senden auch wir Ihnen unsere allerherzlichsten Glückwünsche. Dieser Lebensabschnitt ist bedeutungsvoll für Sie, insofern Sie sich entschlossen haben Ihre altgewohnte, liebgewonnene Lehrtätigkeit aufzugeben. Den eigentlichen Kern Ihrer Lebenstätigkeit, Ihre Forscherarbeit berührt das aber nicht. Mögen ihnen noch lange Kraft und Frische bleiben, dieser weiterzuleben. Wieviele treue und dankbare Verehrer und Bewunderer Sie dabei grade unter den Besten und Urteilsfähigsten haben, wissen Sie ja. Obwohl ich mich nicht || mit zu den letzteren Eliteklassen rechnen kann, bin ich doch stolz darauf, als einer der eifrigsten im grossen Haufen mitzuziehen.

Ein Komitee veröffentlicht einen Aufruf zu einer Ehrengabe für Sie. Meinen Namen finden Sie nicht mit unter den Unterzeichneten. Man hat es nicht für angemessen gehalten, mich aufzufordern. Was diea persönliche Kränkung b betrifft „Nescio quid mihi magis farcimentum sit.“

Was ich aber bedaure istc, dass man es mir dadurch unmöglich gemacht hat, auch bei dieser Gelegenheit als Ihr treuer, dankbarer Schüler Farbe zu bekennen.

An der ersten Fortsetzung der Mneme (einem speziell psychologischen Teil) wird eifrig gedruckt. Sie wird || etwa im Mai oder Juni herauskommen, dürfte starke Anfechtungen von Seiten der Psychologenzunft erfahren, ich bin aber zuversichtlich davon überzeugt, dass sie schliesslich dazu beitragen wirdd, der Sache der Mneme und in weiterem Erfolge auch einer monistischen Auffassung von Psyche und Physis zum Siege zu verhelfen. –

Kommen Sie nicht in den Ferien durch München? Sobald ich mit Korrekturen fertig bin, also etwa Mitte April, wollen wir auf einen Monat nach Südtirol. Es wäre herrlich, wenn wir Sie vorher hier sehen und bei uns begrüssen könnten.

Mit herzlichsten Grüssen von meiner Frau und von mir

Ihr treuer und dankbarer Schüler

Richard Semon.||

[Nachschrift von Maria Semon:]

Mein lieber, innig verehrter Herr Professor!

Zwar bedeutet es eine Wiederholung, doch kann ich es mir nicht versagen, Ihnen eigenhändig zu versichern, dass ich in diesem für Sie so ruhm- und erinnerungsreichen Tagen viel im Geiste bei Ihnen bin, und dass ich Sie bitte, ein ganz bescheidenes Plätzchen unter Ihren Getreuen einräumen zu wollen

Ihrer Sie verbunden,

Maria Semon.

a eingef.: Was die; für gestr.: Die; b gestr.: xxx; c eingef.: ist; d eingef: wird

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
15.02.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 15033
ID
15033