2. August 94
Villa Aschenheim
Kahlberg bei Elbinga
Sehr geehrter Herr Professor.
Auf Veranlassung von Fürbringer habe ich heute an Herrn Consul Galli geschrieben. Seine 100 M. sind richtig in Jena angekommen und von mir eincassirt worden. Sein Name kam darauf in beide Listen. Später teilte mir ein Comitémitglied (ich glaube es war Walther) b mit, Galli habe ihm geschrieben und ihm mitgeteilt, er wolle zwar beisteuern; seine amtliche Stellung verbiete es ihm aber sich öffentlich zu beteiligen. Wir schüttelten den Kopf und strichen den Namen aus beiden Listen. Ich habe Galli’s Brief nicht selbst gelesen, weiss also nicht, inwieweit das Missverständniss durch ihn selbst oder durch den Empfänger verschuldet ist. Jedenfalls habe ich heute ihn geschrieben und || ihnc nach Darlegung des Sachverhalts gebeten, das Missverständniss zu entschuldigen.
Mit Bedauern habe ich gehört, dass das Befinden Ihrer Frau Gemahlin kein zufriedenstellendes ist, und Sie Ihre Ferienreise noch nicht antreten können. Hoffentlich geht es bald besser und Sie können mit Ihrer Familie Erfrischungd und Erholung aufsuchen.
Den schönen Verlauf der feierlichen Enthüllung des Bismarckbrunnens habe ich aus der Jenaischen Zeitung erfahren. Wie ich höre, haben Sie seit Anfang der Woche Regen. Wir haben hier das schönste Wetter. Ich arbeite den ganzen Tag über; vor dem Mittagessen nehme ich ein Seebad, Abends mache ich einen Spaziergang, das sind alle meine Extravaganzen.
In der Hoffnung, dass es Ihrer || Frau Gemahlin bald besser gehen möge und Sie ihre Reise antreten können
mit besten Grüssen
stets Ihr treu und dankbar ergebener
Richard Semon.
a gestr. Vordruck: Gartenstrasse I Jena; b gestr.: wer; c korr. aus.: ihm; d irrtüml.: Erfrischend