Jacob Wolff an Ernst Haeckel, Hamburg, 20. August 1913

Hamburg, den 20. August 1913.

Sehr geehrter Herr Professor!

Würden Sie dazu bereit sein, einem jungen, aber allerersten Künstler Gelegenheit zu geben, Sie zu malen?

Ich schreibe Ihnen heute im Auftrage mehrerer Hamburger Freunde aus Ihrem Monistenbund. Unser Plan ist, dafür zu sorgen, dass endlich mal ein wirklich gutes Bild unseres hochverehrten Altmeisters geschaffen wird. Die bislang im Handel befindlichen Bilder sowohl wie Bronzereliefs finden hier durchweg keinen Beifall. Nun beabsichtigen wir, vorausgesetzt, dass es gelingt, ein allererstes Ölgemälde zu schaffen a von solchem Heliogravüren machen zu lassen. Diese sollen dann Freunden und Anhängern unserer Bewegung wohlfeil zugängig gemacht werden.

Wir wären Ihnen ausserordentlich dankbar, wenn Sie, sehr geehrter Herr Professor, sich entschliessen könnten, dem von uns ins Auge gefassten Maler die nötigen Sitzungen zu gewähren. Der Künstler heisst Walther Tanck. Wir glauben bestimmt, in ihm die Gewähr dafür zu haben, dass ein wirkliches Kunstwerk geschaffen wird. Allerdings wären wohl mindestens 6 Sitzungen nötig, weil Herr T. seine Bilder stets ausserordentlich gründlich durcharbeitet und deshalb wohl mehrere Studien machen wird, ehe er das gewünschte Bild beginnt.

Es bedarf wohl keiner Erwähnung, dass Ihnen keinerlei Kosten erwachsen und dass wir Ihnen Heliogravüren, so viel Sie wünschen, zur Verfügung stellen. Herr Tanck meint ferner, dass Ihnen Umstände nicht erwachsen sollen. Es wird vollkommen genügen, wenn Herr T. Sie malen kann, während Sie auf einem Divan sitzen, allerdings wohl etwas mehr dem Licht zugewandt als gewöhnlich.

Meine Frau und ich haben uns sehr gefreut, Sie, sehr geehrter Herr Professor, trotz Ihres Beinleidens so ausserordentlich frisch und wohlauf sehen zu dürfen, als wir uns Anfang des Monats erlaubten, Sie zu besuchen. Die Stunde, die Sie uns schenkten, wird uns unvergesslich bleiben.

Den Zeitpunkt für die Arbeit des Herrn Tanck zu bestimmen, bleibt ganz Ihnen überlassen. Herr T. wird sich Ihrem Wunsche ganz anpassen. Trotzdem soll ich Ihnen mitteilen, dass der Monat September Herrn Tanck am gelegentsten wäre.

Ich bitte nun, meine Anfrage wegen der Malsitzungen nicht ohne weiteres abzulehnen. Ich glaube, versichern zu dürfen, dass auch Sie, sehr geehrter Herr Professor, Freude an dem in Aussicht genommenen Werk haben dürften.

Endlich bemerke ich noch, dass ich nur eine ganz kurze Antwort (evtl. auf beiliegender Postkarte) mit ja oder nein erwarte und begrüsse Sie in aufrichtiger Verehrung

als Ihr ergebener

J. Wolff.

a gestr.: und

Brief Metadaten

ID
14650
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
20.08.1913
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
1
Umfang Blätter
1
Format
22,8 x 32,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 14650
Zitiervorlage
Wolff, Jacob an Haeckel, Ernst; Hamburg; 20.08.1913; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_14650