Fürbringer, Max

Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Heidelberg, 27. Mai 1914

Heidelberg, 27.5.1914.

Lieber und hochverehrter Freund!

Sei für Deine lieben Briefe und reichen Sendungen mit Deiner lieben, hochverehrten Frau von uns Beiden auf das Herzlichste bedankt. Wir sind von solcher Erwiderung, übermenschlich, reich und quellend wie die ewige, immer spendende Natur, ganz getroffen und aufs Tiefste gerührt und finden keine Worte, um Dir unsere Empfindungen nur annähernd auszudrücken. Du hast uns eine sehr, sehr große Freude bereitet. Und die helle Bewunderung Deiner unermüdlichen und unerschöpflichen Arbeitskraft regt und steigert sich immer aufs Neue.

Vor solchem Riesenberg von Glückwünschen hätte wohl jeder Andere verzweiflungsvoll die Segel gestrichen – und der 80jährige Jüngling Haeckel bewältigt das alles spielend und schenkt uns dazu noch eine Fülle umfassender naturwissenschaftlicher und philosophischer Veröffentlichungen! || Wie danken wir Dir für diesen Überfluß, der aus Deiner Hand auch auf uns gekommen!

Auch Deine nach dem Mte. Generoso gesendete Karte hat noch den Weg hierher gefunden und hat uns hoch erfreut.

Wie prachtvoll ist das Bild aus dem Jahre 1914 und wie reizend der Vergleich mit dem Portrait von 1874!

Deine Bemerkungen über die allmählige Veränderung und Umgestaltung des lieben, alten Jena haben wir mit vollem Verständnis gelesen; ja wir haben mit Dir die schönste Zeit unseres Lebens daselbst verlebt. Aufs Innigste beklagen wir seit Jahren, daß Deinem Wandern auf Berg und Höhe durch den verhängnisvollen Fall Schranken gesetzt wurden, – auch wir beschränken uns übrigens jetzt in unseren recht bescheiden gewordenen Spaziergängen auf die horizontale und descendente Richtung || und machen unsere „Flüge in die Höhe“ nur noch mit Hilfe von elektrischen und Drahtseilbahnen. Aber sonst, welche Fülle um Dich! Die Einsamkeit so mancher Großen wurde Dir erspart, Deine Lieben sind in der Hauptsache bei Dir geblieben, ein Enkelsohn, der Deinen Namen weiter fortpflanzen wird und nach dem Gesetz der Vererbung von Großvater zu Enkel hoffentlich recht viele Deiner Eigenschaften überkommen hat, ist Dir und Deiner lieben Frau geboren, wozu wir herzlichst gratulieren, und ein immer wachsendes Heer treuer, dankbarer und verständnisvoller Verehrer hat Deine Attraktionskraft um Dich versammelt. Wie Du selbst, so trägt auch der Haeckelwald immer neue Blüten und neue Früchte und vermehrt sich durch immer neu heranwachsende Bäume.

Auch Deine liebe Frau bewundern wir zu ihrer großartigen Leistung; || wer 1600 Postsendungen in wenigen Tagen empfangen und erledigen kann, der verfügt noch über frische Kräfte, die das gewöhnliche Maß weit überschreiten.

Mit unserer Dankbarkeit verbinden sich für Dich und Deine liebe Frau und Deine Lieben unsere innigsten Wünsche. In multos annos! Gott-Natur schenke Euch noch eine lange Fülle des Glückes!

Von Haus zu Haus mit treuen Grüßen

Dein

M. Fürbringer.

[Nachschrift von Fanny Fürbringer]

Verehrter lieber Herr Professor!

Ich muß Ihnen noch selbsta mit wenigen Worten warmen herzlichen Dank sagen für all Ihre lieben Gaben. Das Bild von 1914 kann ich gar nicht genug ansehen, es steht auf meinem Schreibtisch. Ich finde es übertrifft alle Gemälde von Künstlerhand. Trotz dem vielen Schweren und Bitteren, was Sie erleben mußten, läßt es nur den Sieg darüber erkennen, ein Treubleiben Ihrem Ideale, der Sonne! – Wie gern besuchten wir zuweilen das Original! In Gedanken weilen wir oft bei Ihnen in der gemüthlichen Studierstube, wo Sie uns mal Ihre feinen Aquarelle zeigten.

Seien Sie mit Ihrer verehrten lieben Frau auf’s Herzlichste gegrüßt von Ihrer ewig dankbaren

Fanny Fürbringer.b

a eingef. mit Einfügungszeichen: selbst; b Text weiter am linken Rand von S. 4: Herzlichste … Fürbringer.

 

Briefdaten

Verfasser
Empfänger
Datierung
27.05.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 1397
ID
1397