Max Fürbringer an Ernst Haeckel, Heidelberg, 2. Juli 1905
Heidelberg, 2.7.1905.
Lieber und hochgeehrter Freund!
Sei für Deine gütige Sendung und Deine lieben Zeilen von Herzen bedankt und empfange zugleich den Ausdruck meiner und meiner Frau innigsten Teilnahme an Deinem Missgeschick im Böhmerwalde. Hoffentlich sind die Folgen des Unfalls bald überwunden; wir senden dazu unsere herzlichsten Wünsche.
Die für Braus, Bütschli Göppert und Haller bestimmten Exemplare habe ich sofort weitergegeben. Braus teilt mir eben mit, dass er Dir – ohne Kenntnis Deines Unfalles – bereits gedankt hat; er bittet seine Teilnahme nachträglich aussprechen zu dürfen.
Von Deinen Berliner Erfolgen haben wir seiner Zeit in den Zeitungen gelesen; nur ists uns lieb, auch die authentischen Vorträge zu haben, die uns in freier Stunde beschäftigen sollen. Den Zeitungsartikel und den Jenenser Vortrag über Biologie habe ich voll Interesse gelesen.
Aus letzterem ist mir über Oskar Schmidt || ein neues Licht aufgegangen; ich hatte denselben als talentvollen, geistreichen und federgewandten Arbeiter in Erinnerung, aber doch mehr als Mitgänger unter vielen; und nun ersehe ich, welch hervorragender und um Jena verdienter Vorgänger von Gegenbaur er gewesen. Zugleich musste ich mit Wehmut an Jena denken, namentlich daran, dass der von Huschke und Gegenbaur dereinst so glorreich eingenommene Lehrstuhl für Anatomie im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts so traurige Nachfolger fand, dass keiner von ihnen Dir der bescheidensten Erwähnung eines Namens wert erschien. Arme Jenenser Anatomie!
Für die Fortdauer Deiner Teilnahme vielen Dank! Der Tod unseres geliebten Jungen hat unser Leben total verändert, und nun wird es bis zu unserem Tode nicht anders werden. Das war Einer, der ein ganz anderer Kerl als sein Vater geworden wäre.
Mit wiederholten herzlichsten Wünschen für baldige völlige Genesung und mit den besten Grüßen von Haus zu Haus
Dein
M. Fürbringer.