Jena den 15. Maerz
1901.
Geehrtester Herr Professor!
Seit ich Ihnen zuletzt schreiben konnte, hat sich hier Allerlei ereignet, was ich Ihnen mittheilen muß.
Vor etwa 14 Tagen kam an mich eine Anfrage von Prof. Spengel in Gießen, ob Dr. Groß, dessen Dissertation er eben bekommen hatte, bei ihm Assistent werden wolle, resp. ob ich ihn als solchen empfehlen koenne. Ich schrieb darauf, daß Dr. Groß bei uns Assistent sei; ich hielt mich aber doch fuer verpflichtet || Dr. Groß von der Anfrage Mittheilung zu machen.
Dr. Groß sagte, daß er selbst es nicht fuer zulaeßig und nicht fuer passend halte daß er waehrend Ihrer Abwesenheit weggehe. Aber sonst haette er wohl Lust dem Antrag zu folgen, da er sich in Gießen habilitieren kann.
Nun kam eine zweite Anfrage von Prof. Spengel, in welcher era sich bereit erklaerte, Groß die Stelle zu übertragen, wenn Groß auch erst spaeter, z. B. || Mitte Mai kommen koenne. Ich habe Groß gesagt, daß ich natuerlich in Ihrer Abwesenheit über die Sache nichts sagen kann, es sei mir aber wahrscheinlich, daß Sie sein Vorwaertskommen nicht hemmen wollen.
Vielleicht haben Sie nun die Guete mir von Aegypten aus Ihre Ansicht zu schreiben. Falls Sie Dr. Groß auf Mitte Mai gehen lassen, koennen Sie Herrn Schenk, der eben seine Dr.-Arbeit anfaengt und ein recht tuechtiger Mann || ist, zum Assistenten ernennen, wenigstens provisorisch, wenn Sie vielleich spaeter einen anderen waehlen wollen.
Ferner muß ich Ihnen mittheilen, daß Dr. Doederlein die Semon’schen Echinodermen an das Institut geschickt hat, nachdem die Bearbeitung beendet ist. Es sind zwei Blechkisten und verschiedene Glaeser. Ich habe die Sachen in das Ceylon-Zimmer stellen lassen, da man jetzt in den Ferien die Sachen nicht auseinander nehmen kann und da ich auch nicht weiß, wie Sie die Sachen aufgestellt haben wollen.
Ich habe an Herrn Dr. von Ritter die Dissertation von Dr. Groß geschickt und ihm dabei auch die Geburt des Kindes mitgetheilt. Er hat dann sehr freundlich geschrieben und hat meiner Frau eine prachtvoller silberne Fruchtschale als Andenken geschickt, was uns natuerlich sehr gefreut hat. Meiner Frau geht es gut; sie laeßt Sie herzlichst grueßen.
Mit groeßter Hochachtung
Ihr ergebener
H. E. Ziegler.
a eingef.: er