Heinrich Ernst Ziegler an Ernst Haeckel, Jena, 11. November 1900

Jena den 11. November

1900.

Geehrtester Herr Professor!

Durch Ihre Frau Gemahlin haben wir gehoert, daß der erste Theil Ihrer Reise sehr gut verlaufen ist und daß Sie in Singapore viel Schoenes und Interessantes gesehen haben. Das hat meine Frau und mich sehr gefreut. Ich danke Ihnen auch bestens fuer die freundliche Karte, welche Sie mir bei der Abreise von Genua geschrieben haben. ||

Ich will Ihnen nun ein wenig berichten, wie es hier in dem Institut aussieht. Im Colleg waren in dieser Woche 32-36 Zuhoerer und haben sich bis jetzt 30 eingeschrieben, eine Zahl, die mich sehr befriedigt. Im Kleinen Praktikum, das wie immer am Sonntag Vormittag abgehalten wird, waren heute 9. Im Laboratorium sind Fraisse, Rauther, Schenk, von Buttel-Reppen a Pfannenstiel und Minkert.

Dazu wird wohl noch Kilifarsky kommen, der jetzt b in Villafranca ist. Laaser ist mit seiner Arbeit || fertig (ich habe sie sorgfaeltig controliert) und will damit nach Rostock gehen um zum Doktorexamen zu kommen.

College Schultze sagte mir, daß Sie ihm zugesagt haben, daß er mit Prof. Fraisse c das Kleine Laboratoriumszimmer bekomme. Es ist nun so gemacht worden.

Wenn im naechsten Sommer wieder so viele Praktikanten da sind, wie im vorigen Sommer, so wird wird man freilich den dritten Platz in diesem Zimmer nicht gut leer stehen lassen koennen. In diesem Semester sind nicht so || viele Praktikanten da und reicht der große Saal gut aus.

Von den Preisausschreiben sind wieder einige verlangt worden; wir sind jetzt bei No 176.

Wegen der Angelegenheit des Herrn Samson bin ich in Berlin gewesen. Waldeyer hat seine Mitwirkung zugesagt und als weiteres Mitglied der constituierenden Commission Prof. Munk empfohlen. Auch dieser hat zugesagt, nachdem Prof. Waldeyer selbst mit ihm gesprochen hat. Ferner war ich in Leipzig bei Prof. Flechsig. Er interessiert sich sehr fuer die Sache und hat die Entwuerfe || zur genaueren Durchsicht zurueckbehalten. Ich hoffe, daß er sie mir bald wieder schickt. Dann muß Herr Samson einem der Herren des constituierenden Comités die 5000 M zur Verfuegung stellen, und darauf koennte die Gruendung der Societas physio-ethica erfolgen. Das constituierende Comité wuerde demnach aus Ihnen, aus Prof. Waldeyer, Prof. Munk und Prof. Flechsig bestehen. Das Concept fuer die Aufforderung zur Theilnahme an der Societas physiko-ethica ist zur Zeit bei Prof. Flechsig; ich werde es Ihnen schicken, wenn es an mich zurückge-||kommen ist. Dann wollen wir sehen ob Herr Samson d die 5000 M. spendet.

Sie werden wohl die Schrift von Heinrich Schmidt „Der Kampf um die Weltraethsel“ schon erhalten haben. Ich finde sie recht gut. Die zweite Auflage ist schon gedruckt und vielleicht gibt es im naechsten Jahr eine dritte. Das ist sehr erfreulich.

Vorgestern war ich hier im Theater als „Der Probecandidat“ gespielt wurde. Ein sehr zeitgemaeßes Stueck!

Ich denke, daß Sie dieser Brief an Weihnachten oder gegen Neujahr erreichen wird. Ich will daher schon || hier Ihnen die herzlichsten Glueckwuensche zum neuen Jahr aussprechen. Insbesondere wuensche ich Ihnen, daß Ihre Reise auch weiterhin einen so guten Verlauf habe.

Mit groeßter Hochachtung

Ihr ganz ergebener

H. E. Ziegler.

a gestr.: und; b gestr.: nac; c gestr.: c; d gestr.: mit

Brief Metadaten

ID
12909
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
11.11.1900
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
7
Umfang Blätter
4
Format
11,2 x 17,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 12909
Zitiervorlage
Ziegler, Heinrich Ernst an Haeckel, Ernst; Jena; 11.11.1900; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_12909