Eduard Strasburger an Ernst Haeckel, Bonn, 28. April 1891
Bonn d. 28/4 91.
Lieber Freund!
Die Nachricht Dein Relief sei in Bonn angelangt, erhielt ich bereits an der Riviera. Seit Sonntag bin ich aber erst wieder zu Hause und mein Erstes bei der Rückkehr war, Dein Bild auspacken zu lassen. Ich finde dasselbe sehr ähnlich, von schöner Arbeit, wenn ich es || auch, Du erlaubst mir wohl auch diese Kritik, idealisierter gewünscht hätte. Der Geist der in Dir steckt kommt nicht hinlänglich in diesem Relief zum Durchbruch; doch ist das vielleicht in dem Marmorwerk der Fall. Unser hiesiger Bildhauer Küppers pflegt zu wiederholen: Gyps ist tot, Marmor lebendig und in der That scheint mir || auch ein grosser Unterschied zwischen dem Marmororiginal meines Reliefs und den Gypsabgüssen zu bestehen. Nun ich denke sicher ich komme demnächst wieder nach Jena und kann dann auch die Marmorarbeit schauen.
Wie ich zuvor schon andeutete war ich an der Riviera und brachte dort sechs volle Wochen zu. Während nördlich der Alpen abwechselnd Schnee und || Regen über die kahlen Flächen trieb, erfreute ich mich meist am Mittelmeer des köstlichsten Wetters und war von üppiger Vegetation umgeben. Besonders die Ostertage waren unbeschreiblich schön. In Bordighera kam ich mit einer ganzen Reihe von Leipzigern im Hôtel Angst zusammen und freute mich herzlich über das allgemeine Lob das Deinem Schwiegersohn zu Theil wurde. So hat ja Deine liebe Tochter eine glückverheißende Zukunft vor sich und hoffentlich ist jetzt die Sorge beseitigt welche Dir aus dem Gesundheitszustand Deiner lieben Frau erwuchs. Nochmals herzlichen Dank für Dein Bild!
Mit unserem jungen Paar traf ich wiederholt an der Riviera zusammen und freute mich über deren Glück.
Die herzlichsten Grüsse von uns Beiden an Dich und Deine Frau Gemahlin von Deinem alten treu ergebenen
E. Strasburgera
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