Renchen Feb. 16/1910.
Hochgeehrter lieber Pr. E. Haeckel.
Da der denkwürdige Tag Ihres Erscheinens auf der schönsten Weltena aller sich heute wieder jährt, so will Ich nicht ermangeln, Ihnen an dem hohen Tage, Ehrerbietung u. beste Wünsche darzubringen u. es sei Ihnen hoher Mann, hiemit kund getan, daß auf meiner festen Burg auf sonniger Höh, die Flagge b Stars u. Strips hoch im Winde flatert. Zur Ehre u. Ruhm u. tiefer aufrichtigen Dankbarkeit an einen kühnen, unerschrokenen Kämpe || u. Rufer im Streit für Wahrheit u. Befreiung vom Paffen Joche. Hoch lebe der Mann, deßen Gehirn so herrlich Bücher ausgebrütet, für alle Zeiten. Zur Schande der jetzigen Zeit sei es gesagt: Unsere Enkel u. Enkelkinder, werden sich noch grämen u. schämen über das jetzige kleine Geschlecht ! –
Männer von Ihre Größe u. Beteudung [!] sind in unserer traurigen u. verlogenen Welt, so Wenige. Ich selbst verdanke Ihnen so Viel – denn durch Ihre hohen Werke atme Ich auf freier sonniger Höhe (Geistes) Ich bin glüklich durch Sie. Mein Körper selbst wird hinfälliger jeden Tag, aber mein Licht, entzündet an Ihrer Flamme, leuchtet hoch u. hehr – || sollten Sie lieber Professor (Freund) einmal Weltmüde werden, u. das Getriebe der Menschheit Sie anwiedern, so flüchten Sie zu mier, denn hier auf meiner Hofburg des freien Geistes lebt ein warmes Herz das Sie willkommen heißt. Ich könnte mit Ihnen immer sofort plaudern, denn Sie sind mier lieb. u. haben mier viel Ehre erwiesen. Das vergeße Ich nicht –
Ein tückisches Herzleiden verhindert mich eine Reise nach Jena zu machen, sonst hätte Ich schon längst auf dem klassischen Boden Jena begrüßt. Ich brauche aber unter den jetzigen Zustande die größte Schonung – ||
Nun sei dem, wie wie ihm wolle. Ich begrüße Siec vielmals u. verbleibe Ihr ewig dankbarer Schüler u. aufrichtiger Freund.
Wm. Knaupp
a eingef.: Welten; gestr: der; c eingef.: Sie