CLERAMENDI, | Gt Shelford,
Nr Cambridge.
2. Nov. 1900
Mein verehrter Lehrer und lieber Freund!
Es ist mir eine grosse Freude und Genugthuung, dass in der gestrigen Sitzung des Council der Royal Society Ihnen mit voller Stimmzahl die Darwin-Medal zugesprochen worden ist. Mein zoologischer College im Council, Prof. W. A. Herdman hat innig und warm Ihre Verdienste hervorgehoben. Mir persoenlich ist es natürlich eine Gelegenheit gewesen eine Dankesschuld || dem Mann abzutragen dem ich so viel verdanke. Sie haben mich gelehrt phylogenetisch zu denken und Sie haben mich bei Gegenbaur eingeführt. Das sind meine zoologischen Grundsteine. ‒
Officiell wird die Sache erst beim Anniversary Meeting, am 30ten November. Die Conditions of award are as follows: „The Darwin Medal, which is accompanied by a grant of ₤ 100, is given biennially in reward of work of acknowledged distinction, escpecially in Biology, in the field in which Mr. Darwin himself laboured.” ||
Meine Frau, die Sie aufs herzlichste grüssen lässt, ist ebenso froh wie ich.
Im vorigen Sommer war Mrs Thursby wieder bei uns, jetzt ist sie in Buenos Aires.
Kennen Sie die beaengstigenden Arbeiten von Karl Pearson? Alle paar Monate bringt er neue „Mathematical contributions to the theory of evolution: IX. On the principle of Homotyposis and its relation to herdity etc etc.” Die Mathematiker verstehen natürlich nichts von der Zoologie, beanspruchen das auch gar nicht, aber || sie messen irgend ein ihnen sonst ganz unverstaendliches Vieh. Der Zoologe aber versteht nichts von den grauenhaften Formeln womit ihm vorbewiesen wird dass ein 99jaehriger von seiner 18jaehrigen Frau keine Kinder erwarten sollte! Der Schopenhauer hatte ganz Recht: Wo das Rechnen anfaengt, hoert das Verstehen auf.
Mit bestem Grusse
Ihr
Sie verehrender
HGadow.