Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Ludwig Plate, Baden-Baden, 3. Juni 1909

Baden-Baden 3 Juni 1909.

Hochgeehrter Herr Professor!

Nachdem ich meine hiesige 3wöchentliche Bade-Kur vollendet, verlasse ich morgen Baden, um zur Wiederherstellung meiner schwer geschädigten Gesundheit eine erforderliche Nachkur von circa 3 Wochen in den Voralpen zu unternehmen. Gleich nach meiner Rückkehr nach Jena (Ende Juni) werde ich Ihnen dann die gewünschte Aufklärung über die Verhältnisse des Zoologischen Instituts und der damit verbundenen Zool. Bibliothek geben, welche Sie sehr irrtümlich beurteilen. ||

Ich unterlasse es, die schweren Vorwürfe, die Sie in Ihrem letzten Briefe (vom 20. Mai) gegen mich erheben, und die mir ganz unbegreiflich sind, jetzt zu erörtern, zumal ich nicht in dem beleidigenden Ton erwidern möchte, den Sie mir gegenüber für angemessen halten. – a Nur folgende Tatsachen möchte ich in Erinnerung bringen:

1. Das Zoologische Institut, welches ich vor 25 Jahren unter großen Schwierigkeitenb begründete, habe ich mit sämtlichem Zubehör Ihnen || als meinem Nachfolger vollständig u. bedingungslos überlassen; dazu gehören auch die höchst wertvollen Sammlungen von niederen Seetieren, die ich im Laufe von 55 Jahren (seit 1854) mit unendlicher Mühe und beträchtlichen Opfern c eigenhändig angelegt habe.

2. Die Direktion und Organisation des von mir erbauten Phyletischen Museums habe ich Ihnen ebenso vollständig, Ihrem Wunsch gemäß, Ihnen überlassen. Nur die 3 Räume, die ich mir von Anfang an vorbehalten hatte d nehme ich für mich, meine literarischen und artistischen Sammlungen ausschließlich in Anspruch. ||

3. Die Verhältnisse der Zool. Bibliothek, die ich selbst schon vor 25 Jahren der Universität Jena geschenkt habe, und die eine Filiale der Universitätsbibliothek bildet (auch von dieser katalogisiert ist), beurteilen Sie so völlig falsch, daß ich die Klarstellung der bevorstehenden mündl. Erörterung überlassen muß.

Ihre schwere und ganz haltlose Beschuldigung, daß ich „falsches Spiel mit Ihnen getrieben und Ihnen schweres Unrecht zugefügt habe“, ist mir völlig unbegreiflich.

Hochachtungsvoll

E. Hkl.

a gestr.: Nur als Tatsache muß ich Ihnen folgendes; b eingef.: unter großen Schwierigkeiten; c gestr.: selbst; d gestr.: (für Bibl., Archiv)

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
03.06.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 10984
ID
10984